Die Herren von Weißenstein

Weißenstein, heute Teilort des Pforzheimer Ortsteils Dill-Weißenstein, trägt seinen Namen von der Anfang des 13. Jahrhunderts entstandenen Burg Weißenstein, nach der sich auch die Herren von Weißenstein, die sie errichtet haben, benannten.

Für die Dill-Weißensteiner Heimatforschung gibt es vier Ereignisse, welche sich katastrophal auf die Erforschung unserer Vorzeit auswirkten:

- 1692, im Pfälzischen Krieg, wird ein großer Teil des Pforzheimer Stadtarchivs nach Calw gebracht, wo es in den Kriegswirren verbrannte* Carl, Gottfried: "Regesten zur Geschichte der Stadt Pforzheim 1195-1431", Stadtarchiv Pforzheim, 1998.

- Den Rest brachte man auf die schwer zu findende Burg Liebeneck im Würmtal. Doch französische Truppen haben die dort lagernden städtische Unterlagen vernichtet *Becht/Fouquet: Pforzheim im Pfälzischen Krieg 1688-1697, Stadtarchiv Pforzheim, 1989 (PfGbl.7)

- 1820 werden beim Weißensteiner Rathausbrand "für Besitzverhältnisse und Gemarkungsgrenzen wichtige Unterlagen"*Richard Schrade: Die Geschichte Dillweißensteins, 1981, S. 9 vernichtet. Die in der Folgezeit angesammelten Urkunden und Unterlagen wurden im Frühjahr 1913, wenige Monate nach der Eingemeindung Dill-Weißensteins, auf Anordnung der Pforzheimer Stadtverwaltung vom Feldhüter mit einem Handkarren ins Pforzheimer Rathaus gebracht.

- am 23. Februar 1945, dem schwärzesten Tag in der Geschichte der Stadt Pforzheim, überzogen Bomber der Alliierten die Stadt mit einem Teppich aus Luftminen, Spreng- und Brandbomben sowie Brandkanistern. Bei diesem verheerenden Angriff kam fast ein Viertel der Bevölkerung auf grausame Weise ums Leben, und die Stadt wurde fast vollständig in Schutt und Asche gelegt. Auch das Stadtarchiv ist diesem Angriff zum Opfer gefallen.

Damit sind die beiden Archive, die den besten Einblick in die Pforzheimer und Dill-Weißensteiner Vorzeit gaben, vernichtet und dies erschwert den Rückblick auf die Herren von Weißenstein und ihre Vorfahren erheblich.

Wer genau die Vorfahren der Herren von Weißenstein waren ist nicht gesichert, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit sind ihre direkten Vorfahren die Herren von Kräheneck (de Creinegge), die seit 1148 urkundlich genannt sind und auf Burg Kräheneck (am Büchenbronner Hang) lebten, die sie wahrscheinlich um 1140 erbaut haben. Zwischen 1148 und 1158 erscheint ein Belrem von Kräheneck in mindestens vier Urkunden*WUB Band II., Nr. 327, S. 43-45; WUB Band II., Nr. 335, S. 59 und HStA Stuttgart A 502 U3; WUB Band II., Nr. 355, S. 104 und HStA Stuttgart A 502 U 5; WUB Band II., Nr. 363, S. 116. Die ersten drei Urkunden bezeugen die Abtretung des Grundstücks auf dem das umgesetzte Kloster Maulbronn, das sich ursprünglich in Eckenweiher befand, neu errichtet werden sollte. Möglicherweise waren dabei sogar eigene Pfründe von Belrem von Kräheneck betroffen, denn er wird in der Urkunde von 1148 als "Anteilseigner des Zehnten" bezeichnet.

Am 28. Januar 1194*WUB Band II., Nr. 487, S. 301 und HStA Stuttgart H 51 U 23, 36 Jahre nach der letzten bekannten Urkunde von Belrem von Kräheneck, bezeugt in Würzburg Berthold von Kräheneck eine Bestätigung von Kaiser Heinrich VI. über umfangreiche Schenkungen durch Ulrich von Iptingen an das Kloster Maulbronn. Dieser Berthold von Kräheneck dürfte der Sohn des vorgenannten Belrems von Kräheneck, und Vater (oder Großvater?*Die Zeitabstände der Urkunden lassen kein genaues Bild zu.) der Brüder von Weißenstein sein.

Während die ersten Herren von Kräheneck aus einem Grafengeschlecht*Gau Glehuntare, Stälin: Wirtembergische Geschichte, Band 1, S. 548 ff. stammten, waren die Herren von Kräheneck (ab ca. 1140) edelfreie Herren.

Die Vorfahren der Krähenecker dürften im Stromberger Bereich zu Hause gewesen sein; dafür sprechen zum einen der Leitnamen Belrem, der auch bei den Herren von Eselsperg (Eselsburg) und Belrem von Owenbühel*Friedrich Wißmann: Die Adelsgeschlechter der Heimat in "Um Stromberg und mittlere Enz", 1972, S. 167 vorkommt, sowie die umfangreichen Güter, Zehnten und das Kirchenpatronat in (Hohen-)Haslach und Zaisenhausen, die auf eine gemeinsame Erbschaft schließen lassen. Die Herrschaft Kräheneck selbst war wohl ein Lehen von den Pfalzgrafen von Tübingen, was es auch unter der Weißensteiner Herrschaft blieb.

Wehrmauer der Burg Kräheneck
Wehrmauer der Burg Kräheneck (Bild: Belrem.de, Harald Riemer, 2015)

Wenn wir noch weiter in die Geschichte der Herrschaft Kräheneck zurückgehen, enden nicht nur die Familiären Verhältnisse*Leopold Böhling: Beitrag zur Geschichte der Burgruinen Kräheneck und Weißenstein in Dill-Weißenstein bei Pforzheim, sowie der Grafen v. Creinegge und v. Hilteratshausen, - wie auch der advocati de Wizzenstein, aus Württemberggische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte, 36. Jahrg., 1930 (Belrem-digital), sondern auch der Ort. Der Vorgänger der Kräheneck vom Büchenbronner Hang stand zwischen dem Hämmerlesberg und dem Erzkopf, und wird heute Hoheneck genannt. Die Reste dieser Burg sind heute, im Gegensatz zur Kräheneck, Weißenstein und Liebeneck, kaum noch zu erkennen. Über ihre Bewohner gibt es eine hervorragende Arbeit von Leopold Böhling (Dresden 1930), die auch als "Belrem-Digital"* Volltext, Abschrift, Belrem.de/Belremdigital Dokument vorliegt.

Neben dem Umfangreichen Lehen Kräheneck/Weißenstein besaßen die Herren von Weißenstein erhebliche Eigengüter, die aber möglicherweise nicht alle auf korrektem Wege in ihren Besitz gelangt sind. Wie in Brötzingen, dem Standort einer weiterer Burg der Herren von Weißenstein. Dort hatten die Weißensteiner nicht nur Liegenschaften, sondern waren auch Patronatsherren der Kirche St. Martin*Karl Ehmann: Die Geschichte des Dorfes Brötzingen, 1980.

(Teile von) Brötzingen, Rod, Dillstein, Weißenstein, Huchenfeld und Würm; dieser Bereich, im Norden bis kurz vor den Pforzheimer Turnplatz, im Osten bis an den Kupferhammer, war der zusammenhängende Lehensbereich, den die Herren von Weißenstein innehatten, dazu noch die Eigengüter in (Hohen)Haslach, Zaisenhausen, Magstadt, und weiteren verstreuten Besitz. Der Bereich des Lehens im Schwarzwald war noch teilweise unerschlossen, und auch die Herren von Weißenstein waren daran interessiert das Umfeld zu entwickeln. Das Dorf Weißenstein entstand vermutlich erst mit dem Bau der Burg Weißenstein. Die Besiedlung davor kann man sich eher als einzelne Funktionsbauten zur Versorgung der Burg Kräheneck vorstellen.

Der Brötzinger Besitz der Herren von Weißenstein ist undurchsichtig. Die dort von den Herren von Weißenstein bewohnte Burg, das Patronatsrecht der Brötzinger Kirche, und nicht zuletzt die freche Aneignung Kaiserlicher Liegenschaften sprechen eigentlich gegen ein Lehen. Andererseits ist die Entfernung zum Stromberggebiet zu weit, zu viele andere Herrschaftsbereiche liegen dazwischen um Brötzingen als Teil eines Erbes zu erklären.

Die Urkunde vom 9. Juni 1236
Die Urkunde vom 9. Juni 1236, (C) Fürst von Isenburgische Rentkammer

Die erste urkundliche Erscheinung*N. Riemer, Der erste urkundliche Nachweis der Herren von Weißenstein, Belrem.de, 2016 der Herren von Weißenstein datiert vom 9. Juni 1236, und erwähnt Vogt (advocat) Berthold von Weißenstein als Zeugen der Vereinbarung zur Hochzeit von Adelheid von Tübingen mit Kuno III. von Münzenberg.

Zu diesem Datum muss die Burg Weißenstein, heute Burg Rabeneck genannt, gerade fertiggestellt worden sein. Entgegen der Annahme von Richard Schrade*Richard Schrade: Die Geschichte Dillweißensteins, 1981, S. 17, der die Erbauungszeit auf etwa 1250 vermutet, gehe ich von etwa 1230 aus. Richard Schrade kannte die Urkunde vom 9. Juni 1236 nicht; in dieser aber wird eindeutig Berthold als "advocat de Wizenstey" aufgeführt.

Berthold von Weißenstein hatte drei Brüder, nämlich Belrem, Helfericus und Gottbert. Mit Abstand die deutlichsten Spuren hinterließ Vogt Berthold von Weißenstein. Er ist für die damalige Zeit sehr alt geworden. Die erste bekannte Urkunde der Herren von Weißenstein*N. Riemer, Der erste urkundliche Nachweis der Herren von Weißenstein, Belrem.de, 2016, in welcher er als Vogt (advocat) bezeichnet wird, ist aus dem Jahr 1236. Sein Todestag liegt wahrscheinlich im Jahr 1281*HStA Stuttgart: A 502 U 46. Dazwischen liegen 45 ereignisreiche Jahre, und mehr als zwei duzend noch vorliegende Urkunden von, mit, und über ihn.

Berthold von Weißenstein hatte mit seiner Ehefrau Petrissa mindestens zwei Töchter, Gertrud und Metze von Weißenstein. Beide waren scheinbar unverheiratet, und scheinen ihren Lebensabend, wie ihre Mutter, im Kloster Frauenalb verbracht zu haben*WUB Band VIII., Nr. 2702, S. 45-46.

Burg Weißenstein
Burg Weißenstein (Foto: Belrem.de, Harald Riemer)

Belrem von Weißenstein war vermutlich der zweitgeborene nach Berthold. Auch er wurde sehr alt. Er war offensichtlich voll in das Lehen Weißenstein eingebunden, denn wir finden ihn zehn Mal in Urkunden erwähnt. Er war mit der/einer Schwester/Tochter von Rudolf von Roßwag verheiratet, und hatte mindestens zwei Kinder, von denen nur Berthold (der jüngere) bekannt ist. In der Urkunde vom 1. Februar 1272 werden seine Frau und seine Kinder aufgeführt, aber nicht namentlich benannt. Die Formulierung lässt vermuten, daß es sich nicht um Söhne, sondern Bruder und Schwester handelte. Er oder sie tauchen in der Folge nicht mehr auf.

Das letzte Lebenszeichen von Belrem finden wir in einer Urkunde vom 25. Februar 1276, an der wir auch eines seiner seltenen Siegel finden. Relativ sicher können wir über seinen Tod erst am 17. Januar 1288 sein, denn da klärt sein Sohn und Erbe des Weißensteiner Lehens, Berthold (der jüngere) von Weißenstein, eine anscheinend unklare Erbschaftsangelegenheit urkundlich.

Die wenigsten Spuren hinterließ sein Bruder Helfericus von Weißenstein. Er fällt insofern aus dem Rahmen, daß er nur ein einziges Mal in einer Urkunde 1240*HStA Stuttgart: H14 Nr. 202, S. 21 (alt, neue Seitenzahl 41) aufgeführt wird. Bei ihm kann nur spekuliert werden, ob er kurz danach verstarb, oder auf Burg Liebeneck saß, oder gar im Rahmen seiner beruflichen (Neu-) Orientierung seinen Namen in Gottbert änderte, denn Gottbert taucht erstmalig 1255 urkundlich auf. Vermutlich verstarb Helfericus von Weißenstein frühzeitig.

Gottbert von Weißenstein, vermutlich dem jüngsten Bruder von Berthold, war die geistliche Richtung vorgegeben. Er war Pleban*Leutpriester, aktiver Priester mit Pfarrrechten im Auftrag der Kirche zu (Hohen)Haslach, und später, nachdem Berthold von Weißenstein dieses Recht an das Kloster Herrenalb verschenkt hatte, Dekan der Kirche zu Brötzingen. Dieses Recht in Brötzingen schien den Herren von Weißenstein unstrittig gehört zu haben; eine Burg und Liegenschaften gehörten ebenfalls zu ihrem Besitz.

In der Zeit vom 25. April 1255 bis zum 29. Oktober 1266 liegen sechs Urkunden von oder über ihn vor, wovon er jedoch nur eine einzige siegelte. Sein (geistliches) Siegel war oval, und zeigte eine Taube auf einer Sitzstange*HStA Stuttgart: A 502 U 1081. Nach 1266 trat er nicht mehr in Erscheinung; er wird um diese Zeit verstorben sein.

Berthold (der jüngere) von Weißenstein trat um 1287 das Erbe der Weißensteiner an. Es war von Anfang an eher eine Abwicklung als ein erneutes Aufblühen. Berthold (der jüngere) war kein Vogt*WUB Band X., Nr. 4713, S. 383, "advocato" bezieht sich auf seinen Onkel Berthold (der ältere) von Weißenstein von Weißenstein; er war auch kein Jüngling mehr, es blieben ihm nur wenig mehr als ein duzend Jahre, bis sich auch seine Spur verliert.

Zuvor hatte er aber noch die Herrschaft von Weißenstein, und alle sonstigen verbliebenen Güter, Gülten und sonstige Rechte an seinen Onkel und das Kloster Maulbronn vermacht. Sein letztes Lebenszeichen findet sich 1301 im Salbuch des Klosters Frauenalb.

Von Berthold (dem jüngeren) von Weißenstein liegen zwischen dem 17. Januar 1288 und dem 8. August 1295 sieben Urkunden vor, von denen er drei Urkunden aus Juni 1295 gesiegelt hat.

Von keinem der Familie von Weißenstein sind Geburts- oder Todestage bekannt. Auch ist nirgendwo eine Grablege aufgezeichnet. Petrissa, die Frau von Berthold (dem älteren), und seine Töchter Gertrude und Metze wurden wahrscheinlich im Kloster Frauenalb bestattet. Die Männer könnten in einem der Klöster bestattet sein, die sie mit Schenkungen bedachten: Maulbronn, Herrenalb oder Rechentshofen. Möglich wären auch Grablegungen in Weißenstein oder Brötzingen. Aufgrund umfangreicher Schenkungen vermute ich die Grablegen der beiden Bertolds (des älteren und des jüngeren) im Kloster Maulbronn, die Grablege Belrems im Kloster Rechentshofen, und die Grablege Gottbert in Brötzingen.

Wappenfries in Maulbronn, N1
Wappenfries Nord 1*N. Riemer: Die Wappenfriese im Kloster Maulbronn, Belrem.de, 2016 im Kloster Maulbronn (Bild: Belrem.de, Harald Riemer, 2015)

Den Besitzstand der Herren von Weißenstein kann man heute nicht mehr vollständig beschreiben. Hier zeigen sich im besonderen die fatalen Folgen des Weißensteiner Rathausbrandes 1820, dem auch das Ortsarchiv zum Opfer fiel.

Als geschlossenes Gebiet scheinen Weißenstein, über Huchenfeld bis nach Würm, und im Norden zurück, über Dillstein bis zur Pforzheimer Stadtgrenze und Teile des Rods festzustehen. Beim Rod, spätestens aber in Brötzingen sind die Besitzverhältnisse undeutlich und auch sicher nicht mehr umfassend.

Das Rod bestand damals als Wald- und Wiesenfläche, die größtenteils gerodet war. Dort hatten offensichtlich noch andere Rechte an Liegenschaften und Nutzung, vor allem aus der angrenzenden Stadt Pforzheim. Aber selbst innerhalb der Herrschaft Weißenstein gab es ständig Rechtsstreitigkeiten.

Dillstein, damals noch spärlich besiedeltes (Auen-) Gebiet, dessen Bewohner vorwiegend vom Fischfang lebten, hatte teilweise große Probleme mit der Nahrungsbeschaffung für die wachsenden Tierbestände. Die Weißensteiner wiederum lagen sich gelegentlich mit den südlichen Nachbarn in den Haaren. Die Gründe waren immer die gleichen: das schmale Nagoldtal bot nur wenig Platz für den Futtermittelanbau. Dazu kamen die alljährlichen Hochwasser, die große Teile des Tales überfluteten. Die umgebenden Hänge waren zu steil, um dort Wiesen und Äcker anlegen zu können. Zudem wurden diese Flächen bereits für die Holzgewinnung und Schweinehaltung bewirtschaftet. Dabei waren die Nutzungsrechte dafür viel komplexer als der Liegenschaftsbesitz an sich.
Dies zeigt sich auch deutlich in der Zuordnung der sich auf dem Territorium der Weißensteiner befindlichen Waldgangsorte (Waldhufenorte) Engelsbrand, Salmbach, Grunbach, Kapfenhardt, Waldrennach, Langenbrand und Büchenbronn*Heinz, Günter: "Berggemeinde Büchenbronn", 1975, S. 27. Sie wurden von der Kirche St. Martin in Brötzingen betreut, die wiederum zu den Pfründen der Herren von Weißenstein gehörte, und dessen Dekanat von Gottbert von Weißenstein ausgeübt wurde.

Das gleiche gilt auch für die Vogtei Weißenstein. Im 13. Jahrhundert waren noch lehensrechtliche Herrschaftsformen maßgebend für die Funktionen und die räumliche Ausdehnung einer Vogtei. Die überwiegende Vergabe einzelner, in ihrem Umfang wechselnder Herrschaftsteile an zumeist adlige Lehensleute, die damit ihrem Lehnsherr die unmittelbare Verfügung an seinem Besitz entzogen und es nach Lehensrecht an ihre Nachfahren zu vererben suchten, wurden erst in späteren Zeiten durch zeitlich begrenzte Ämter an abhängige und absetzbare herrschaftliche Beamten abgelöst*Grube, Walter: "Vogteien, Ämter, Landkreise in Baden-Württemberg", Bd.1, 1975 S. 2.
So lässt sich heute nicht mehr feststellen inwieweit es in der Vogtei Weißenstein eine territoriale Geschlossenheit zum einen, und eine scharf abzugrenzende Straf- und Vollzugsrechtliche Befugnis zum anderen gab.
Hoheits- und Herrschaftsrechte sind vielfach nicht auf die gleichen Räume bezogen, sondern durchkreuzten sich*Grube, Walter: "Vogteien, Ämter, Landkreise in Baden-Württemberg", Bd.1, 1975 S. 3. Wie sich auch Teile der Herrschaft Weißenstein in territorial stark zersplitterten Bereichen befanden, so konnten auch andere rechtliche Ansprüche in vermeintlich geschlossenen Territorien befinden. Dies waren wohl regelmäßig Ansprüche auf Erträge von begrenzten Liegenschaften, konnten aber auch Rechte auf weltliche oder geistliche Funktionen sein.

Die weiteren Besitztümer der Herren von Weißenstein können wir nur grob, anhand noch vorhandener Urkunden, beschreiben. Sie befinden sich in und um (Hohen-) Haslach, Zaisenhausen und Magstadt.

Am 4. April 1255 genehmigt der Speyrer Bischof die Schenkung aller Güter Bertholds (des älteren) von Weißenstein in (Hohen-)Haslach, einschließlich des Patronatsrechts, an das Kloster Rechentshofen. Diese Schenkung scheint innerfamiliär reichlich Staub aufgewirbelt zu haben. Während Belrem sich anscheinend lediglich mit dreimalig öffentlich erklärtem Verzicht begnügte*HStA Stuttgart: A 502 U 1083, legte Gottbert offiziell Widerspruch ein, obwohl er für die Überlassung der Kircheneinkünfte eine jährliche Leibrente*HStA Stuttgart: A 515 U 16 vereinbart hatte. Den festgesetzten Termin in der Verhandlung um diesen Wiederspruch, am 30. September 1259, versuchte Berthold (der ältere) noch knapp zwei Wochen vorher erfolglos zu verhindern*HStA Stuttgart: A 502 U 1082. Warum ist unklar, denn der Wiederspruch wurde abgelehnt*HStA Stuttgart: A 502 U 1081.

Diese Entscheidung nährt die Vermutung, daß der Eigenbesitz der Herren von Weißenstein in (Hohen-)Haslach und Zaisenhausen aus einer zwar gemeinschaftlichen, aber offensichtlich differenzierten Erbschaft stammen. Es ist mir keine Quelle untergekommen, die die Ortschaften (Hohen-)Haslach, das im Stromberg liegt, Zaisenhausen, das an der Grenze zum Kraichgau liegt, Magstadt bei Calw, und Brötzingen, das südlich von Pforzheim liegt, zusammenfasste.

Eine weitere interessante Urkunde, vom 30. November 1256*HStA Stuttgart: A 489 U 896, beschreibt die Lehensvergabe des Zehnten von Waldrennach, an die Söhne des Marschalls Berthold "wie dieser selbst ihn inne gehabt hatte". Die Lehensgebung erfolgt durch Vogt Berthold und seinem Bruder Belrem von Weißenstein. Gottbert von Weißenstein wird lediglich als Zeuge aufgeführt. Diese Urkunde ist in Pforzheim ausgestellt, und neben dem Siegel des Vogtes Berthold von Weißenstein hängt das Siegel der Stadt Pforzheim.

Waldrennach war ein Waldgangsort*Karl Ehmann: "Die Herrschaft Kräheneck-Weissenstein und ihre Besitzer", aus "Pforzheimer Geschichtsblätter, Band 3, 1971, der wie auch Engelsbrand, Büchenbronn, Langenbrand, Salmbach, Grunbach und Kapfenhard von der Brötzinger Pfarrei St. Martin betreut wurden. Der Weg zu diesen Hufensiedlungen führte über den Rod in den Schwarzwald, und diente der Besiedlung und Entwicklung dieses schwer zugänglichen Bereichs. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die Herrschaft Weißenstein in südwestliche Richtung bis an die Ortsgrenze von Neuenbürg ging, wo Graf Konrad von Calw-Vaihingen seinen Herrschaftssitz hatte. Liegenschafts- und Nutzungsgrenzen waren in Waldgebieten oft nicht identisch, und häufig Anlass für Streitereien, die in dieser Zeit oft robust ausgefochten wurden.

Die Lehensvergabe an sich lässt noch weiteren Spielraum für Spekulationen. Da es sich bei Waldrennach um ein Lehen gehandelt hat (kein Afterlehen), dieses sich aber lediglich um den anfallenden Kirchenzehnten handelte, sind keine Liegenschaften, sondern lediglich finanzielle Pfründe vergeben. Die Liegenschaften der Hufendörfer unterstanden wahrscheinlich dem Markgrafen von Baden, und wurden von der Stadt Pforzheim verwaltet. Die kirchliche Zugehörigkeit nach Brötzingen ist der geografischen Lage geschuldet, und eines der unzähligen Beispiele das kirchliche Grenzen nicht mit den territorialen Grenzen übereinstimmten. Weißenstein, Dillstein, Huchenfeld und Würm unterstanden der Pforzheimer St. Martin Kirche (heute Altstadtkirche), und zahlten den Kirchenzehnten an das Kloster Hirsau, welches das Kirchenpatronat innehatte.

Zwischen 1259 und 1272 liegen sechs Urkunden von Berthold (dem älteren) und Gottbert von Weißenstein vor, die ihrer jeweiligen Stellung als Vogt, bzw. als Dekan entsprechen. Es sind Rechtsgeschäfte die sie begleiten, beurkunden oder bezeugen. Hierbei stechen wieder einige Urkunden hervor, die einen besonderen Blick auf das Herrschaftsgefüge und die territorialen Besitzverhältnisse zulassen. Es sind die Urkunden vom 1. und 18. Februar 1263, die auf dem Rod ("auf dem Feld nach Weißenstein") erstellt wurden, und in welchen die Herren von Weißenstein als Soldaten ("milites") bezeichnet werden, und es ist die mysteriöse Urkunde vom 29. August 1263*Die Urkunden und Nennungen der Herren von Weißenstein, Belrem.de, 2016, S. 28 f., in welcher die Herren von Weißenstein ihre Burg Liebeneck samt der Ortschaft Würm an den Markgrafen von Baden verschenken.

Mit dieser Urkunde wird wieder klar, wie groß der Verlust der Archive in Weißenstein und Pforzheim ist. Die Treue- und Vasallenpflicht gegenüber dem Haus Baden kann durch das von Tübingen vergebene Lehen Weißenstein erklärt werden, aber es liegen keine Urkunden oder sonstige Dokumente vor, die direkte Lehen oder andere Zuwendungen an die Weißensteiner beinhalten. Aber die Herren von Weißenstein saßen direkt neben dem Badischen Pforzheim, das sich gerade richtig zu entwickeln begann, und in dessen Gefüge die Weißensteinischen Lehensnehmer ein Puzzleteil waren. Ohne weitere Quellen bleibt hier viel Raum für Spekulationen.

Auch die beiden folgenden Urkunden, vom 1. und 6. Februar 1272*HStA Stuttgart: A 502 U 841, und A 502 A 842, sind wichtige Dokumente, denn in ihnen werden Belrems Frau und Kinder erwähnt. Diese Urkunden sind auch ein erstes Zeichen des beginnenden Unterganges der Herren von Weißenstein.

In der nächste Urkunde vom 25. Februar 1276*HStA Stuttgart: A 502 U 843 wird der Verkauf seines gesamten Besitzes in Zaisenhausen von Belrem von Weißenstein an das Kloster Maulbronn aufgeführt. Sowohl Berthold, als auch Belrem von Weißenstein hatten inzwischen ein Alter erreicht, in dem man sich um den Nachlaß kümmern sollte. Hier nun folgt eine Urkunde vom 6. Juli 1277*WUB Band VIII., Nr. 2697, S. 42, die sich meiner Einordnung entzieht. Es geht dabei um ein Tauschgeschäft zwischen König Rudolf und dem Kloster Maulbronn. Darin wird vom verstorbenen Berthold von Weißenstein geschrieben.

Da Berthold von Weissenstein nur wenige Tage später in einer Urkunde*GLA Karlsruhe, 67/616 fol. 123 r seine Frau und die beiden Töchter Gertrude und Metze, mit der Übertragung seines Eigentums in Feldrennach an das Kloster Frauenalb, für den Lebensabend seiner lieben vorsorgt, konnte er nicht tot sein.

1278 liegt eine Urkunde*HStA Stuttgart: A 502 U 44 vor, die sich auf die oben aufgeführte Urkunde vom 6. Juli 1277 zu beziehen scheint. Hier wird Berthold (der ältere) von Weißenstein, wohnhaft in Brötzingen, aufgeführt. Es könnten sich diese beiden Urkunden auf eine zu Unrecht angeeignete Gült durch Berthold von Weißenstein handeln, die er den rechtmäßigen Besitzern nicht ausgezahlt hat. Hat Berthold (der ältere) von Weißenstein das Interregnum ausgenutzt, oder auf einen anderen Verlauf spekuliert?

Am 1. November 1281 war Berthold (der ältere) offensichtlich schon gestorben, denn seine Frau Petrissa stiftet eine "alljährliche Jahrzeit zum Heil ihrer Seele und ihres Gemahls Berthold seligen Angedenkens".

Ab diesem Zeitpunkt liegen nur noch Urkunden von Berthold (dem jüngeren) von Weißenstein vor.

Die erste ist vom 17. Januar 1288*HStA Stuttgart: A 502 U 846, und nennt ihn "Sohn des weiland Belrem von Weißenstein", was auf den Tod des Vaters hinweist. Da Berthold (der jüngere) von Weißenstein in dieser Urkunde eine Übertragung seines Vaters an Diether von Zaisenhausen bestätigt, ist von einer Übernahme der Erbschaft Weißenstein auszugehen, die wiederum den Tod Belrems von Weißenstein bestätigt. Dann folgen drei Urkunden, vom 6. August*HStA Stuttgart: A 515 U 26 und 16. Oktober 1288*WUB Band IX., Nr. 3783, S. 234, sowie einer Urkunde die nur das Jahresdatum 1288*Gabelkover Kollektaneen, Band 1, fol. 135 (Handschrift des HStA Stuttgart Nr. 48 g) trägt, die sich mit der Übergabe einer Gült der Mühle zu Horrheim an das Kloster Maulbronn beziehen. Diese Gült gab Berthold (der ältere) von Weißenstein an Ritter Konrad von Ingersheim als Afterlehen; er selbst hatte sie von Konrad von Vaihingen als Lehen.

Die letzten drei Urkunden von Berthold (dem jüngeren) von Weißenstein entstehen kurz hintereinander in Maulbronn. Sie sind vom 13., 18., und 20. Juni 1295*HStA Stuttgart: A 502 U 1226, A 502 U 850, A 502 U 581, und beschreiben die Abwicklung der Herrschaft Weißenstein. Das Kloster erhält verschiedene Güter in Magstadt und Zaisenhausen, den Rest des Weißensteiner Erbes geht an seinen Onkel, Rudolf von Roßwag "für seine guten Dienste, und aus verwandtschaftlicher Zuneigung".

Sechs Jahre später, im Jahr 1301, findet sich ein letzter Eintrag im Saalbuch*GLA Karlsruhe: 67 Nr. 616 des Klosters Frauenalb. Kurz darauf ist die Linie der Herren von Weißenstein, ca. 65 Jahre nach ihrer ersten Nennung, ausgestorben.

Es sind erhebliche Lücken, die durch die Zerstörung der Archive in Weißenstein und Pforzheim entstanden sind. Aber im Vergleich zu einigen Zeitgenossen der Herren von Weißenstein sind immer noch erstaunlich viele Dokumente und Urkunden vorhanden. Sie erzählen von einer Familie, die fest in das recht fragile Herrschaftsgefüge dieser Gegend eingebunden waren, und die Geschichten der Abhängigkeiten untereinander. Dies in einer sehr bewegten Zeit, in der nicht selten Fakten mit Gewalt geschaffen wurden; mitunter ohne ernsthafte Konsequenzen.

Das System der Annahme und Vergabe von Lehen und Afterlehen, und die Einkünfte durch Nutzungsüberlassung von Flächen, Zehnten und Gülten, war weit zergliedert. Die Abgrenzungen waren oft unklar; eindeutige Dokumente findet man selten. Wer da die Balance zwischen Kosten und Erträgen nicht halten konnte, musste Verkaufen was sich zu Geld machen ließ. Anstatt in die Entwicklung der Güter und Herrschaftsgebiete zu investieren, war der Zwang zur Aufrüstung eine Verpflichtung die alles andere hinten anstellte. Der Lehnsherr forderte Kämpfer und Ausrüstung, mittels Afterlehen konnte der Lehnsnehmer notwendige Ressourcen vorhalten. Wer, wie die Herren von Weißenstein, auch noch ererbte Besitztümer hatte, konnte auch die daraus erwirtschafteten Einkünfte nutzen. Aber auch hier besteht der Verdacht, dass die gesamten Kosten für Lebenshaltung und Verpflichtungen nicht nachhaltig gedeckt waren. Die Schenkungen an Klöster haben hier sicherlich einen Teil dazu beigetragen, auch wenn sie teilweise der Altersvorsorge für Familienmitglieder dienten.

Berthold (der jüngere) von Weißenstein ist nicht verarmt gestorben, aber hätte er Nachkommen gehabt, hätten diese sich nicht auf den Lorbeeren der Vorfahren ausruhen können. Sie hätten aber gute Chancen gehabt, vom kurz darauf folgenden Niedergang ihrer Verwandten im Stromberggebiet zu profitieren.

Das Salbuch des Klosters Frauenalb

Im Jahre 1536 verfasste der Calwer Notar Antonius Braun auf Veranlassung der Frauenalber Äbtissin Scholastika Göler das Salbuch des Klosters Frauenalb *Felix Heinzer, Handschriften und Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts aus der Benediktinerinnenabtei Frauenalb, S. 12, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, 1986.
Es ist eine Sammlung von Abschriften vorliegender Urkunden, Verträge, Berichten und ähnlichen Dokumenten. Die in dieser Handschriftensammlung gebundenen Abschriften sind naturgemäß nur fragmentarisch. Die Texte sind in Latein und Deutsch geschrieben. Neben vielen der Abschriften sind nachträglich, vermutlich im 19. Jahrhundert, Jahreszahlen hinzugefügt worden.
Das mir vorliegende Exemplar*Salbuch Frauenalb.pdf, Belrem.de, 2016 , ein nachgearbeiteter Digitalscan durch das GLA Karlsruhe* GLA 67/616 den man uns freundlicherweise erstellt hat, ist vermutlich lückenhaft. Trotzdem ist das Salbuch eine gute Quelle für die Erkundung der frühen Geschichte des Klosters Frauenalb, und damit auch der Geschichte des Umfeldes in seiner vielfältigen Lebendigkeit.