Der erste urkundliche Nachweis der Herren von Weißenstein

(Die Hochzeit von Tübingen)

Vor 780 Jahren, am 9. Juni 1236, wurde in Tübingen eine Urkunde erstellt, in welcher die Herren von Weißenstein erstmalig urkundlich in Erscheinung treten. Vogt Berthold von Weißenstein bezeugt in dieser Urkunde, welche vom Pfalzgrafen Wilhelm von Tübingen ausgestellt ist, die Vereinbarungen, die zur Hochzeit von Adelheid von Tübingen, mit Cuno III von Münzenberg*Münzenberg in der Wetterau, ca. 50 km nördlich von Frankfurt getroffen werden.

Diese Urkunde ist nicht nur für die Pforzheimer Heimatforschung ein wichtiges Dokument. Sie spiegelt eine Vielzahl von Faktoren wieder, welche die Akteure dieser Zeit zu berücksichtigen hatten. Obwohl es nur eine übliche Vereinbarung über die Mitgift zur Hochzeit zu sein scheint, lassen die Namen der Siegler und Zeugen auf einen größeren Hintergrund schließen. Nicht nur das der Markgraf von Baden* Hermann V. von Baden († 1242) siegelte; auch der Graf von Württemberg*Eberhard von Württemberg, Bruder von Ulrich I. († 1265) bezeugte diese Vereinbarung. Cuno vom Münzenberg kam aus dem Hessischen. Das Beziehungsgeflecht zwischen den Beteiligten ist kaum zu durchschauen.

Für die Pforzheimer Heimatforschung ist diese Urkunde von mehrschichtiger Bedeutung. Zum einen als historischer Fakt, zum anderen ist diese Urkunde wahrscheinlich mit die Basis, auf der die Belrem-Sage*Georg August Lotthammer, "Die Hochzeit zu Tübingen", in "Pforzheim´s Vorzeit", 1835 (Wöchentliche Beilage von Anfang bis Mitte 1835 im "Pforzheimer Beobachter") aufgebaut ist. Diese Sage ist noch heute tief im Brauchtum der Dillweißensteiner verankert*Belrem-Gilde e.V., gegründet 1951, Ritter Belrem war aber schon vor dem 2. Weltkrieg eine beliebte Fastnachtsgestalt. , und touristischer Höhepunkt des schönsten Pforzheimer Stadteils. Letztendlich ist es aber die Urkunde, in der erstmalig ein Mitglied der Herren von Weißenstein genannt wird.

Die Urkunde vom 9. Juni 1236 wird in einigen Beschreibungen aufgeführt. Dabei wird selten mehr als nur die bloße Existenz erwähnt. Quellenangaben fehlen meist. Dies liegt wohl daran, dass das Original dieser Urkunde in keinem der öffentlichen Archive zu finden ist. Selbst Abschriften sind rar gesät, und dann auch noch oft fehlerbehaftet*Wenn überhaupt die Originale Urkunde vorlag, was in den meisten Fällen zu bezweifeln ist..

1759 erscheint eine Abschrift der Urkunde*Johann Adam Kopp: Auserlesene Proben des deutschen Lehen-Rechts, Bd. 1, 1769, S. 249, Google E- Book , die korrektiv bearbeitet aber nicht diesbezüglich kommentiert ist. Die Korrekturen bzw. Ergänzungen sind nicht immer nachvollziehbar. Kopp nennt hier diesen Vertrag "Pacta Dotalia" (Ehevertrag).

1853 beschreibt L. Schmid*Dr. L. Schmid, "Die Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen", 1853, S. 159-160, Google E-Book die Urkunde als "Heiraths-Contrakt", der "in manchfacher Beziehung interessant ist". Er beschreibt den Inhalt der Urkunde, nennt aber nur einige der Zeugen, und beschreibt die ungenannten Zeugen als "Andere von hessischen Geschlechtern". Dies ist nicht ganz richtig; Berthold von Weißenstein war Badener. Er benennt auch Wolpot von Poltringen, der ein Tübinger Gefolgsmann (Verwandter?) ist, und dem in der Belrem-Sage eine tragische Rolle zugewiesen wird.

2010 wird die Urkunde von Ernst Hammann*Diezenbach: seine Landesherren von 1100 bis zur Gegenwart, 2010 inhaltlich weitgehend beschrieben. Neben den einzelnen Vereinbarungen zählt er die Zeugen vollständig auf, wobei er Volpotto von Baltringen benennt*Ich lese Volbotto de Boltryengen, aber Namen wurden zu dieser Zeit oft nach Gehör aufgeschrieben. Nachdem sie ins Lateinische übersetzt wurden. Hammann hat möglicherweise versucht rückzuübersetzen..

Doch nun zur gegenständlichen Urkunde.

Das Original der Urkunde befindet sich im fürstlichen Archiv von Birstein* Bir. Nr.11 - 2 anh.Sg. Friedrich Battenberg, Isenburger Urkunden, Regesten zu Urkundenbeständen und Kopiaren der fürstlichen Archive in Birstein und Büdingen 947 - 1500, 1976. Schloß Birstein ist seit 1517 Residenz der Fürsten von Isenburg *http://isenburg.de/. Dieses noch heute bestehende Fürstenhaus, ist durch familiäre Verbindung in den Besitz eines großen Teiles des Münzenberger Erbes gekommen, und damit Besitzer und Verwalter vieler deren noch existierenden Urkunden.

Sein Sohn, S.D. Erbprinz Alexander von Isenburg, der 2007 offiziell den Familienbetrieb übernahm, hat das Projekt Belrem bei der Recherche unterstützt, und uns hochwertige Fotografien*Dank der hohen Auflösung können wir mit Vergrößerungen (A2, nur der Text A3) arbeiten. der Urkunde überlassen. Dafür auch an dieser Stelle herzlichen Dank.

Heiraths-Contrakt von 1236

Bir. Nr.10 - 2 anh. Sg. Bild: (C) Fürst von Isenburgische Rentkammer

Die Urkunde wurde von Graf Wilhelm von Tübingen erstellt. In Absprache mit seiner Frau Willeburgis, und seiner Freunde, Diener und Ratgeber gegen Eid und Bürgschaft: Belrein von Eselsberg*Schmid sieht hier Belreynus von Lieselberg, verweist aber auf Liebelsberg/Oberamt Calw., Werner von Bernhausen, Hugo von Hailfingen, Conrad von Dissingen und Heinrich von Kirchberg*Auch Kirchberg wird in dieser Urkunde erstmalig urkundlich dokumentiert., verlobt er seine Tochter Adelheid mit Cuno*Kuno III von Münzenberg von Münzenberg.

Cuno und Adelheid sollen bevorzugt vor allen anderen Erbberechtigten die Burg Babenhausen*Hessen, nördlich des Odenwald, gegründet um 1200 von den Herren von Hagen-Münzenberg erhalten.

Stirbt Cuno vor Vollzug der Ehe, so verbleibt die Burg mit allem Zugehör bei Adelheid, oder ihr sollen 500 Mark Silber ausgezahlt werden.

Stirbt Cuno nach Vollzug der Ehe, aber ohne Kinder zu hinterlassen, so verbleibt die Burg mit allem Zugehör bei Adelheid, oder ihr sollen 1200 Mark Silber ausgezahlt werden.

Stirbt Cuno nach Vollzug der Ehe, und hinterlässt Kinder, so teilt Adelheid die Burg mit allem Zugehör mit den übrigen Erben ihres Mannes.

Wünscht Adelheid dann zu ihrem Vater zurückzukehren, sollen ihr 1200 Mark Silber ausgezahlt werden, und ihre Söhne sollen die Burg ganz übernehmen.

Stirbt Graf Wilhelm, ohne Söhne zu hinterlassen, soll Adelheid mit ihren Schwestern erben, mit Ausnahme von Ministerialen und Diener, wenn diese sich nicht freiwillig unterordnen.

Hinterlässt Wilhelm Söhne, wird Adelheid aus der (Tübinger) Erbschaft ausgeschlossen. Auf Anraten vieler anwesenden Dienstleute und Räte soll Adelheid aufgefordert werden freiwillig auf die Tübinger Erbschaft zu verzichten. Diesen Verzicht durchzusetzen, oder bis zur Durchsetzung Einlager in Worms zu nehmen, versprechen:

Ulrich und sein Sohn Cuno (von Münzenberg), Gottfried von Bickenbach, Conrad Reyz von Breuberg, Heinrich von Liebelsberg, Conrad von Klingenberg, Ortwin von Göns, Anselm von Dieburg, Rudolf Groschlag, Werner und Conrad Brüder von Bellersheim.

Das Erbe der Münzenberger soll mit Burg Münzenberg, allen Ministerialen und Lehnsleuten, an Cuno den jüngeren fallen.

Gemeinsam Besiegelt vom Markgrafen von Baden und vom Aussteller.

Als Zeugen dieser Vereinbarung werden genannt:
Eberhard Graf von Württemberg, Berthold Vogt (advocat) von Weißenstein, Volpotto von Boltringen, Walther Pfarrer von Waiblingen, Macharius von Linden, Sigenand von Buchesegge, Geynad Hunt, Dietrich von Einseltheim, Cynstan von Biegenbach, Anshelm Hun, Conrad von Boltringen, Albert Abt von Arnsburg.

An der Urkunde hängen zwei Siegel*(C) Fürst von Isenburgische Rentkammer:

Siegel des Markgraf von Baden Siegel des Pfalzgraf von Tübingen

Siegel Markgraf von Baden Siegel Pfalzgraf von Tübingen

Das Siegel des Pfalzgrafen von Tübingen ist eindeutig zu erkennen. Das Siegel des Markgrafen von Baden ist stärker beschädigt, aber in der Urkunde selbst erwähnt*Sigillis ... Hermann von Baden, und damit als gesichert zu betrachten.

Die in Latein abgefasste Urkunde, die hier in einer sehr guten Qualität als digitale Reproduktion vorliegt, ist trotzdem nicht einfach zu lesen. Vor allem die Benennung von Orten und Personen weichen in Urkunden dieser Zeit oft stark in der Schreibweise voneinander ab. So begegnet uns beispielsweise der Name der Herren von Weißenstein u. A. in den Formen:

Wissenstein, Wisensteyn, Wizzenstein, Wizzensteyn oder wie hier Wizenstey. Oftmals ist nur die Recherche im Umfeld der in den Urkunden genannten Personen zielführend, jedoch auch so nicht immer erfolgreich. Wie auch bei den Wappen gibt es Dopplungen, die bei Wappen meist nur durch das Beiwerk Klarheit verschaffen. Bei Personen, die nur einmalig in Urkunden genannt sind, ist eine sichere Identifizierung damit nur schwer erreichbar. Nicht selten sind Herrschaften auf lediglich eine Generation beschränkt; es gab entweder keine (männlichen) Nachkommen, oder diese sind gestorben bevor sie das Erbe antreten konnten. Auch der finanzielle Ruin konnte Ursache für eine verlorene Herrschaft sein. Die Herren von Weißenstein (um beim Beispiel zu bleiben), starben nach zwei Generationen aus, hatten aber noch genügend Güter, um diese an das Kloster Maulbronn*Die Wappenfriese im Kloster Maulbronn, Belrem.de/nri 2016, den größten Teil aber an die Verwandten Roßwager zu vererben*Die Urkunden der Herren von Weißenstein, Belrem.de/nri 2015.

Der Inhalt der Urkunde ist klar. Es geht um sorgfältig ausgewählte Formulierungen zur Zukunftsplanung zweier Familien. Wilhelm von Tübingen hatte zu diesem Zeitpunkt noch keine Söhne; diese wurden vermutlich erst 1240 und 1241* Schmid zitiert Gabelkover fol. 476 "soll Graf Wilhelm noch einen dritten Sohn Heinrich gehabt haben, der im Franziskanerkloster zu Eßlingen gestorben sei". geboren. Wann Wilhelms Tochter Heilwig geboren wurde, ist nicht bekannt, aber diese soll mit Ludwig von Isenburg-Büdingen verheiratet* https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Tübingen_(Graf_von_Gießen) gewesen sein, ebenfalls ein Hesse aus dem Umkreis der Münzenberger.

Die Anwesenheit und Einbindung des Grafen Eberhard von Württemberg war mindestens seiner Verwandtschaft geschuldet. Er war der Bruder von Willibirg, der Ehefrau von Wilhelm von Tübingen, und damit Onkel der Braut. 1256 nennt Graf Ulrich von Württemberg, *Der Sohn des vorgenannten Eberhard von Württemberg. Rudolf von Tübingen, den Bruder Wilhelms von Tübingen, seinen Onkel* avunculus, WUB online, Band V., Nr. 1412, S. 176-177.

Schmid liest aus der Urkunde, dass Wilhelm von Tübingen mehrere Töchter hatte, und stellt die Frage, ob eine dieser Töchter die Ehefrau von Hermann V. von Baden ist. Dem war nicht ganz so. Hermann V. von Baden war mit Irmengard, der Tochter des welfischen Pfalzgrafen Heinrich der Jüngere verheiratet . Aber seine Mutter war wahrscheinlich Bertha von Tübingen*Kamill von Behr, Genealogie der in Europa regierenden Fürstenhäuser nebst der Reihenfolge sämmtlicher Päpste, 1854, Tafel LXX. Die zweite Tochter Wilhelms hieß vermutlich Hellwig, und war mit Ludwig von Isenburg-Büdingen verheiratet* https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Tübingen_(Graf_von_Gießen).

So schwer durchschaubar wie die Familiären Verbindungen, sind auch die Verflechtungen von Besitzverhältnissen an Grund und Boden, Lehensverbindungen, und Rechte an Zehnten und Obrigkeitsansprüchen. Diese Strukturen zu schützen bedurfte es militärische Ressourcen; gegebenenfalls angeheiratet. Die "Normative Kraft des Faktischen" war in dieser Zeit nicht ungewöhnlich; der stärkere hatte Recht.

Von Seiten der Münzenberger war dieser Kontrakt von großer Bedeutung. Die beiden Brüder, Kuno II und Ulrich I, standen wenige Jahre zuvor im Staufisch - Welfischen Thronstreit auf verschiedenen Seiten. In der Folge dessen kam es für die Münzenberger zu erheblichen Einschränkungen des Machtbereichs*Rübsamen, Dieter, "Münzenberg" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 551.552 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd119295091.html.

Mit einer Heirat in eine einflussreiche Familie, die nicht nur dem Staufer Friedrich II nahestand, sondern die auch mit ihren Nachbarn eng verflochten war, konnte man versuchen diese Einschränkungen zu mildern, und weitere drängende Probleme lösen. Möglicherweise war diese Heirat unmittelbar mit der Vergabe von Burg Babenhausen verbunden, sicher sollte aber der Weiterbestand der Familie gesichert werden.

Die Ehe zwischen Kuno III von Münzenberg und Adelheid von Tübingen war aber kinderlos und kurz. Kuno III starb vor 1244*Dr. L. Schmid, "Die Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen", 1853, S. 159 3), Google E-Book Ausgabe. Da auch sein Bruder, Ulrich II von Münzenberg 1255 verstarb, ohne Nachkommen hinterlassen zu haben, erlosch dieser Familienzweig.

Wenn man die Personen, welche direkt in dieser Urkunde benannt sind, genauer betrachtet, so fällt schnell auf, das dieser "Heiraths-Contract" ein gutes Bild auf die Zeit und den Ort werfen. Schon deren reine Anzahl von 31 Personen, und darunter viele hochrangige und einflussreiche Adlige, zeugen von der regionalen Bedeutung dieser Vermählung.

Bei einer Einteilung dieser Personen nach der Nennung in den einzelnen Abschnitten dieser Urkunde ergeben sich:

  • Der Aussteller Wilhelm von Tübingen, seine Frau Williburgis, und die zur Vermählung anstehende Tochter Adelheid. Demgegenüber Cuno II von Münzenberg und sein Sohn Cuno III, dem Bräutigam.
  • Die Freunde, Diener*wohl im Sinne von Dienstmannen und Lehensnehmer und Ratgeber von Wilhelm von Tübingen. Hier sind fünf Personen genannt.
  • Die Dienstleute und Räte, die den Verzicht der Braut auf das Tübinger Erbe durchzusetzen versprechen. Ihnen wird dafür notfalls ein Einlager in Worms auferlegt. Hier sind immerhin 11 Personen genannt. Im Kern sollte damit ein möglicher späterer Zugriffsversuch der Münzenberger auf das Tübinger Erbe verhindert werden. Da Wilhelm noch keinen Sohn hatte, seine Söhne kamen erst einige Jahre später zur Welt, war dies ein wichtiger Punkt für die Ratgeber. Es hätte starke Veränderungen des lokalen Machtgefüges zur Folge gehabt, und hätte sicherlich nicht die Zustimmung der Beteiligten und der übergeordneten Staufer bekommen.
  • Die Siegler und Zeugen. Neben dem Aussteller siegelt der Markgraf von Baden. Er ist als direkter Nachbar beider Parteien auch territorial involviert. Die Anzahl von 12 Zeugen aller beteiligten Territorien unterstreicht die Wichtigkeit dieser Urkunde.

Man muss bei der Zusammenstellung der in dieser Urkunde genannten Personen berücksichtigen, das hier gegensätzliche Forderungen fein austariert wurden. Im besonderen wenn territoriale Ansprüche entstanden, führte dies fast unweigerlich zu Konflikten. Es war ja keinesfalls so, dass hier homogene Territorien bestanden, die dann einfach den Besitzer gewechselt hätten. Die Gebiete glichen teilweise eher einem Flickenteppich. Es gab neben den eigenen Bestandsgebieten, die in der Regel ererbt waren, eine vielfältige Form von Lehen, Afterlehen, Ansprüche auf Pfründe, Zehnten oder Teile von diesen. Die Besitzverhältnisse waren auf lokaler Ebene teilweise stark fragmentiert, und durch mehrfach geteilte Erbschaften weiter zerfasert. Vor allem die schnell wachsenden Klöster boten hier durch Stiftung, Kauf und Tauschhandel Möglichkeiten zur Konzentration. Wie überhaupt die Klöster in dieser Zeit immer stärker zu Machtfaktoren wurden. Die Religiosität war auch im Adel und in den Herrschaften stark ausgeprägt. Jedoch waren die Klöster auch Wirtschaftsbetriebe, die infolge von Stiftungen und beharrlicher Arbeit beständig wuchsen. Diese wirtschaftliche Kraft war manchem ein Dorn im Auge, und weckte Begehrlichkeiten. Aber es waren nicht nur die berüchtigten Straßenräuber, die einem Kloster zusetzen konnten. Es waren auch Adlige, wie Wilhelm von Tübingen, die einem Kloster über längere Zeit übel zusetzen konnten* L. Schmid: Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen, 1853, S. 150 ff..

Andererseits nahm die Sorge um das Seelenheil mit steigendem Alter zu. So machte Wilhelm dem von seinem Vater Rudolf gestifteten Kloster Bebenhausen großzügige Schenkungen*L. Schmid: Geschichte der Pfalzgrafen von Tübingen, 1853, S. 159 ff.. Dort lagen auch die Grabstätten seiner Eltern, sowie später die seines Sohnes Ulrich und seines Neffen Rudolf, dessen Frau und deren Tochter. Wilhelm und Willeburgis haben aber, wie viele andere Familienmitglieder, jährliche Gedenktage gestiftet*Brand, Krins, Schiek: Die Grabdenkmale im Kloster Bebenhausen, 1989, S. 19 ff., auch wenn sie möglicherweise anderenorts begraben liegen.

Burg Babenhausen war nicht im Besitz der Tübinger Pfalzgrafen, und diese Urkunde ist auch nicht als Schenkung oder Lehen durch die Pfalzgrafen zu verstehen. Burg Baben-hausen war Münzenbergisch, und wurde wahrscheinlich von Kuno I. von Münzenberg ab 1188/1189 erbaut*Dr. Klaus Lötsch, Historisches Babenhausen, Babenhäuser Stadtmagazin 2/2010 . Das Gelände dafür hat er 1176 vom Kloster Fulda erworben. *Hermann Stotz, Gedanken zu den ältesten Babenhäuser Urkunden, in "Babenhausen einst und jetzt", Band XI., 1984 S. 20 ff. (Hier verm. auch bildliche Erstveröffentlichung der Urkunde vom 9. Juni 1236!)

Was fehlt?

Bislang sind zu dieser Urkunde keine Folgeurkunden, oder sonstige Urkunden die De-tails oder Nebenabreden beinhalten, bekannt. Wir können nur indirekt folgern, was nach der Ausstellung der Urkunde geschah.

Kuno der III starb wenige Jahre später, und hat keine Erben hinterlassen. Mehr noch, mit seinem Bruder Ulrich II. von Münzenberg im Jahr 1255 starb der Zweig aus*Die Geschichte der Burg Münzenberg, www.muenzenberg.de. Das Münzenberger Erbe fiel an ihre sieben Schwestern. Burg und Amt Babenhausen sollen Teil des Erbes gewesen sein*https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Babenhausen_(Hessen).

Pfalzgraf Wilhelm hatte eigene Söhne, und damit Erben. Den nahenden Untergang des Hauses konnte er damit aber nicht verhindern.

In der Vereinbarung zur Hochzeit wird von Seitens der Tübinger nur die Braut und Ihre Modalitäten aufgeführt. Für Kuno wird lediglich die vorrangige Erbschaft der Burg vor seinen Angehörigen erwähnt. Eine echte Mitgift der Braut ist nicht erkennbar; maximal beim Ableben ihres Vaters, so er keine Söhne hinterlässt. Der Verzicht Adelheids auf die Tübinger Erbschaft scheint gar ein wesentlicher Bestandteil der Vereinbarung zu sein, ist mit dieser Forderung doch ein Einlager* Die Kosten trug der Schuldner. in Worms mit zehn Teilnehmern auferlegt. Sollten diese in der Rolle der Schuldner erscheinen? War hier der Einfluss der Staufer bemerkbar?

Die Beteiligten an dieser Urkunde sind teilweise nur einmal urkundlich bekannt, andere sind erstmalig aufgeführt.