Die Wappenfriese in der Klosterkirche Maulbronn

Beschreibung und Vergleich mit bisherigen Veröffentlichungen

Eine der ältesten (erhaltenen?) Beschreibungen der Wappenfriese erfolgte durch Oskar Gabelkover, Ende des 15. Jahrhunderts*Oskar Gabelkover, † 1616, Miscellanea I, 398 ff. (Handschriftensammlung). Auf ihn beziehen sich auch alle nachfolgenden Veröffentlichungen, da er noch Wappen erkennen konnte, die für Karl Klunzinger schon nicht mehr erkennbar waren, der 1853*Carl Klunzinger, Mittelalterliche Bauwerke im südwestlichen Deutschland und am Rhein (Band 1): Zisterzienser-Kloster Maulbronn, 1853, 1854*Karl Klunzinger, Urkundliche Geschichte der vormaligen Cisterzienser-Abtei Maulbronn, 1854, S.23ff und 1870*Oberamt Maulbronn, Königlichen statistisch-topographischen Bureau, 1870 die Wappenfriese beschrieb.

Klunzingers Aufzählungen bei seinen Veröffentlichungen sind in sich schon unschlüssig und unvollständig. Dies könnte ein Hinweis dafür sein, dass zwischen 1853 und 1870 Restaurationen stattgefunden haben:

  • 1853 zählt er nur 61 von 72 Wappenfeldern auf; bedauerlicherweise zählt er in einer der nördlichen Friese (Belrem.de: N2) neun! Wappen auf. Dem kann man sicher widersprechen. Er ergänzt, mit Berufung auf Gabelkover, die Liste noch um 7 weitere Namen, wobei er das Neipperger Wappen "mit Kopf" erwähnt*Dieser "Kopf" wird später von Paulus als "Kanne" beschrieben, und ist auch so heute erkennbar..
  • 1854 beschränkt er sich auf die Aufzählung in alphabetischer Reihenfolge von 35 Familiennamen, wovon 9 bislang ungenannt, und hier ohne Quellenangabe genannt sind*Enzberg, Erligheim, Helfenstein, Lomersheim, Menzingen, Niefern, Oewisheim, Rieringen, Flehingen..
  • 1870 zählt er die Wappen wieder auf, wobei er diesmal auf der Südseite ein Roßwager Wappen mehr, und zwei Küngespacher Wappen weniger beschreibt. Auf der Nordseite schlägt er ein 1853 unkenntliches Wappen zählerisch Ubstadt zu. Zudem lässt er das für ihn scheinbar unkenntliche Neifener Wappen, sowie das letzte unkenntliche Wappen weg. Am Ende zitiert er wieder Gabelkover, diesmal mit der Nennung von 7 Familiennamen*Das Neipperger Wappen mit dem "Kopf" anstelle des linken oberen Ringes, ist für ihn scheinbar nicht erkennbar. Möglicherweise hält er es für eine Verwischung. 1853 hat er damit noch Gabelkover zitiert; heute ist relativ eindeutig eine Kanne zu erkennen..

1890 erscheint eine grafische Darstellung der Wappen in einer Beschreibung durch Eduard Paulus*Prof. Dr. Eduard Paulus, Die Cisterzienser-Abtei Maulbronn, 3. Aufl., 1890, S. 95ff.. Die von ihm vor 1890 angefertigten Zeichnungen sind zwar sehr hilfreich, aber leider teilweise widersprüchlich zum aktuellen Augenschein:

Die Grundformen der Wappen zeichnet er alle nach unten spitz zulaufend, sie sind aktuell aber teilweise abgerundet dargestellt.

Dem Wappen von Küngespach (Belrem.de: S4-3/4/5) fehlen in seiner Zeichnung die rot-weißen Muster in den Teilkreisen.

Das Wappen von Iptingen (Belrem.de: N1-1) weicht deutlich in der Ausführung ab.

Das Wappen von Brethain (Belrem.de: N1-6/7) weicht in den Proportionen ab.

Die Teilskizze des Wappens von Sternenfels (Belrem.de: N2-4/5) stellt den Stern verdreht dar.

Die Hifthörner im Wappen von Neifen (Belrem.de: N4-7) sind um 180° verdreht.

Zwischen 1870 und 1890 scheinen "Restaurationen" stattgefunden zu haben. Die Aufzählung durch Paulus weichen sowohl von Klunzingers Aufzählung*Er lässt einige, aber nicht alle, unkenntliche weg; vor allem in der Aufzählung der südlichen Friese., als auch vom heutigen Augenschein ab*Roßwag -1, Durmenz -1, Brethain -1, Ubstadt +1,. Die Skizzen von Paulus sind aber bislang der älteste grafische Hinweis auf die Wappen in den Friesen.

Die Abweichungen zwischen 1890 zum heutigen Augenschein sind mindestens teilweise durch die danach ausgeführten Restaurationen verursacht, denn selbst wenn Paulus bei N4-7 (Neifen) einen offensichtlichen Fehler korrigiert hätte, ist N2-4/5 (Sternenfels) als einziges Wappen nur teilskizziert, was auf direktes Abzeichnen hinweist.

Renate Neumüllers-Klausen zählt 1983 fast*Das unkenntliche Wappen zwischen Brethain und Stogsberg (Belrem.de: N1-5) ist nicht aufgeführt. alle Wappen so auf, wie sie nach heutigem Augenschein sichtbar sind. Sie bestreitet dabei die ursprüngliche Reihenfolge der Wappen, da sie nicht immer mit den Beischriften übereinstimmen. Sie begründet diese Annahme mit der unterschiedlichen Aufzählung durch vorhergegangene Veröffentlichungen.

Es ist nicht möglich den Ursprungszustand der Wappenfriese sicher zu beschreiben. Ebensowenig ist die Beschriftung über den Wappenfriesen gesichert, weder inhaltlich noch zeitlich. Die selektive Beschriftung*Bei der genutzten Schriftgröße war dies schon räumlich nicht möglich. der sichtbaren Wappen kann auch etwas später hinzu gefügt worden sein.

Beim Abgleich der frühen Aufzählungen der Wappen mit dem heutigen Augenschein, lässt sich ein Anteil von ca. 75% in Übereinstimmung mit der aktuellen Ansicht bringen.

Da es zu den Wappenfriesen keine zeitgenössischen Beschreibungen aus der Zeit der Erstellung gibt, und sich die Beschreibungen seit Gabelkover widersprechen, muss der Originalzustand als verloren betrachtet werden.

Ob bei Untersuchungen und Restaurationen der Wappenfriese der jüngeren Zeit Fotos angefertigt wurden, konnte ich bislang noch nicht klären. Die mir vorliegenden Aufnahmen, die wir mit freundlicher Genehmigung der Klosterverwaltung in Maulbronn selbst erstellt haben*Harald Riemer, 2015, für Belrem.de, sind eher als Schnappschüsse zu verstehen. Sie sind weiter unten abgebildet.

Auch wenn es keine gesicherten Nachweise gibt, ist man sich in einigen Punkten einig:

  • Die Erstentstehung wird auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert.
  • Die Wappenfriese stellen die Wappen von Stiftern und Wohltätern dar.

Es gibt scheinbar keinen direkten Zusammenhang mit den Grablegen, auch wenn einige Mitglieder der in den Wappenfriesen dargestellten Familien in Maulbronn bestattet wurden, oder zumindest entsprechende Grabtafeln eingebaut wurden. Bei vielen Grabstätten würde nur eine Öffnung und Untersuchung Hinweise auf die Identität der Bestatteten geben können.

1997 erschien der große Band "Maulbronn, Zur 850Jährigen Geschichte des Zisterzienserklosters", mit einem zusätzlichen Schuber voller Karten und Abbildungen. Die Wappenfriese werden im Buch lediglich beispielhaft in zwei Abbildungen einzelner Friese dargestellt (N2 und S4, siehe weiter unten).

Schon in ersten Satz des von ihm verfassten Kapitels*S. 495 ff. über die Wandmalereien nennt Dr. Johannes Wilhelm die scheinbar untergeordnete Stellung der Wandmalereien, gegenüber der hochwertigen Architektur. Er benennt anderseits die Wappenfriese "ältester Bestand des malerischen Schmucks der Klosterkirche", und datiert die Friese zum Ende des 13. Jahrhunderts bis Anfang des 14. Jahrhunderts.

Er stellt aber auch im gleichen Abschnitt klar, dass ohne weitere Untersuchungen keine zuverlässige Aussagen gemacht werden können. Er zählt unter anderem unsachgemäße Restaurationen aus den Jahren 1935/36 und 1955/56 auf.

Seine Aufzählung der Wappen ist lückenhaft, und die kurzgehaltenen Zusatzinformationen hätten gerne etwas ausführlicher sein können. Aber als Wandmalerei sind die Wappenfriese von geringem künstlerischen Wert. Das war auch nicht ihr Zweck.

Die Wappenfriese wurden bei den bisherigen Untersuchungen stets nachrangig behandelt. Dies wird ihnen keinesfalls gerecht. Zweifellos ist ihr künstlerischer Wert tatsächlich gering, aber das war bei der Erstellung der Wappenfriese auch sicher kein Kriterium*Die Mönche sollten in ihren Gebeten nicht abgelenkt werden.. Der wesentliche Hintergrund dieser Wappenfriese sind die dahinter stehenden Stifter und Wohltäter.

Nicht selten dürfte das Aussterben der dargestellten Familien einen erheblichen Güter- und Ämterzuwachs für das Kloster Maulbronn gebracht haben. Die Stifterwappen bergen unzählige Geschichten, die unmittelbar mit den Erfolgen und dem Aufblühen des Klosters Maulbronn in den frühen Jahren nach der Neugründung verbunden sind. Sie waren die Basis der wirtschaftlichen und religiösen Entwicklung des Klosters. Im Gegenzug versprachen sich die Stifter und Wohltäter Seelenheil durch die Fürbitten der Mönche, und das Gedenken an die Verstorbenen. Darüber hinaus boten Klöster Unterkunft und Versorgung Angehöriger; in der Regel gegen eine entsprechende Gabe an das Kloster. Diese Gaben bestanden meist aus Abtretungen von Einkünften unterschiedlichster Art. Um diese Geschäfte zu dokumentieren, zogen die Klöster häufig externe Beurkunder hinzu. Zu dieser Zeit waren dies oft Vögte, deren Aufgabe heute etwa mit der eines Verwalters, Richter und Notars vergleichbar ist. Aber auch andere Beurkunder, wie z.B. befreundete Adlige, geistliche Würdenträger und einflussreiche Bürger, zeugen von der sich entwickelnden Einbindung des Klosters in den neuen gesellschaftlichen Raum.

Die vielfältigen Verflechtungen der bestehenden und wechselnden Herrschaften und des Adels, im Ausbreitungsgebiet des Klosters, haben sowohl die Expansion des Klosters ermöglicht, wie auch so manchen Rückschlag gebracht. Auch wenn das Kloster unter dem Schutz von Kirche und König stand, hat dies weder Räuber noch lokale Herren abgehalten dem Kloster übel mitzuspielen. Politische Lösungen dieser Konflikte waren dabei mitunter auch von größeren militärischen Aktionen begleitet.

Auch wenn die Wappen in den Friesen eher schlicht und einfach gehalten sind, dies entsprach dem Lebensstil der Zisterzienser, so haben diese Friese doch erheblichen historischen Wert für die Heimatforschung im Wirkungskreis des Klosters. Die komplexe Struktur die sich mit dem Kloster ständig veränderte, begründete das Selbstverständnis der Position des Klosters; zumindest bis zur Reformation.

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