Das erste Bild
Vor der Weißensteiner Burg.
Belrem tritt auf, mit der Peitsche in der Hand, gefolgt von einem jammernden Weibe, dabei ein Knappe.
Belrem: |
Mach, dass du wegkommst hier von diesem Ort! – Was hab ich, Weib, mit dir zu schaffen? – Geh deiner Arbeit nach und heb dich fort, sonst muß die Peitsche ich dich spüren lassen, das dieses ewige Geplärr verstummt und das Gejammer deiner Schulden.- Was geht´s mich an, was du verdummt und was dir fehlt zu den paar Gulden, die mir nach Ehr und Recht zustehn!- Geh fort! Er droht ihr. |
Das Weib: | O Herr, ein Wort mir gönn`- |
Belrem: | Nein! |
Das Weib: |
verzweifelt Nein? Dann schlagt mich nieder! Nicht einmal noch will sehen ich den Schmerz des armen Mannes, der für euch gestritten, für euch die Wund am Fuß empfing sechs Wochen schon die bittern Qualen hat gelitten, der sicher hofft, das ich ihm bring von euch den Lohn, der ihm gebühret, den Dank, daß er für euch die Kling` als ein getreuer Knecht geführet. Ihr seid so hart, das ihr mich nicht mich armes Weib vom Zins enthebet, den Jahr für Jahr ich treu entricht? So hart dass ihr mir keine Gnade gebet? Belrem lacht hönisch. Steigernd Das kannst du, das bringst du zuwege, voll Verachtung du Armeleuteschinder, du Tyrann! Belrem schlägt nach ihr, das Weib schreit auf. Ha! Dich treffen auch noch Gottes Schläge, für dich bricht auch einmal das Elend an! Fluch dir! Stürzt hinaus. |
Belrem: |
Vermaledeites Pack, lässt einem Tag und Nacht nicht Ruhe, der Ärger bringt mich noch ins Grab zum Knappen Auf, geh hinauf und bring die weichen Schuhe Und eine Kanne voll vom Ellmendinger neun Der Bärwolf wird wohl auch bald kommen, dann soll ein Würfelspiel uns freun! Der Knappe geht ab, Belrem lässt sich am Tisch nieder. Das mag in dieser Hundezeit noch frommen, wo alles Geld langsam beim Teufel ist. Die Truhen leer, und leer die Kasten, geholzt der Wald; dies Jahr das Heu wie Mist, der Säckel leer wie´n Mönch beim Fasten! Der Knappe bringt Wein, Würfel, Schuhe und geht wieder ab. Belrem sieht Konrad kommen. Haha! Da kommt ja schon der Zechkumpan, nun Bruder – |
Konrad: |
in Jagdkleidung Hoi, da bin ich wieder, war auf der Pirsch den Berg hinan, ging drüben dann im Tale nieder: ein Reh stand drüben im Gelicht, doch als ich näher wollte dringen, da äugte es mit seinem Licht - ein Satz – und ab mit hohen Sprüngen. |
Belrem: | Sonst nichts von Neuem? |
Konrad: |
Doch hör zu. Konrad erzählt, von Gelächter unterbrochen, Belrem schenkt ein. Voll Schreck erzählen mir die Bauern drunten, dass auf der Hohneck es nicht richtig gehe zu: gestern sei dort ein Mägdelein verschwunden; um Mitternachtbsäh´man dort blaues Feuer aus den Ruinen brechen vor, und ein gewaltiges Ungeheuer das läge nächtens vor dem Tor, es hüte einen Schatz, der noch vergraben im Innern des Burgverließes sei, doch wer es wage ihn zu graben, mit dem sei´s ratzekahl vorbei. |
Belrem: |
Du! Wollen wir uns nicht anschicken, uns aufmachen um Mitternacht! Vielleicht mag uns das Graben glücken - Halbteil wird mit dem Fund gemacht! - Ein dummes Volk, das denkt, die Weißensteiner Junker hätten so viel an Gold und Geld, zu sehen, wie das glizernde Geklunker samt ihrer Burg zusammenfällt! Spöttisch Haha! Das Ungeheuer, daß das Mägdelein gefressen, ist wohl ein schwerer Kamerad, der, dass sie besser möge ihn vergessen so ihrer sich entledigt hat! Komm, laß uns saufen. Sie stoßen an. |
Konrad: | Mahlzeit! Prost! |
Belrem: |
Die Würfel her und laß uns schauen wer heut muß zahlen diesen Most. |
Konrad: |
Und wer von uns zuerst hat einen Blauen. Sie würfeln abwechselnd. |
Belrem: | Zehn liegen vor! |
Konrad: | Und elfe hier! |
Belrem: |
Ho, gut gewürfelt, alle Ehre, Fünf! |
Konrad: | Neun! |
Belrem: |
Verflucht, ich glaube schier der Kerl gewinnt. S´wird Zeit, dass ich mich wehre. würfelt wieder Verdammte Schweinerei, bloß sechs; Ich glaube bald, mein Glück ist heute von dieser alten Schlapperher vom Dorfe fortgeholt und pleite. Wirf Konrad, aber hüte dich, dass du mich nicht zum Zorne reizest! |
Konrad: |
Glaubst du vielleicht, ich fürchte mich, dass du mich in die Nase beißest, Hier acht, noch immer mehr als du! |
Belrem: | Du Schuft! |
Konrad: | Da würfel, doch nur sachte – |
Knappe: |
erscheint Herr, höret einen Augenblick mir zu! |
Belrem: | Was ist? |
Knappe: |
Als eben ich das Tor aufmachte war ein berittner Mann davor: er sei geschickt vom Herren Grafen von Tübingen und er gibt vor, gar wicht`ge Mär für euch zu haben. |
Belrem: | Soll kommen! |
Konrad: |
Ha, dass gar am End der Welf das Schwert wieder gezogen, dass ich mit allen Armen könnt mich baden in des Blutes Wogen – |
Belrem: | Sei still, da kommt er. |
Bote: |
verneigt sich Herr verzeiht, dass ich euch muß beim Würfeln stören, doch seid gewiß ihr hocherfreut, wenn ihr dürft von der Kunde hören, die ich euch bringe – |
Konrad: |
Kerl mach schnell! Nur keine langen, seichte Schwaden, so oder so! |
Bote: |
Dann auf der Stell`: Der Graf lässt euch zur Hochzeit laden. Gelächter Des Hauses jüngstes Töchterlein, schön Adelheid, wird sich vermählen dem Herrn Kunz von Menzenheim, der sie als seine Braut tat wählen, und ihr sollt kommen. |
Konrad: |
Und noch gar ein Jüngferlein am Arme führen, die trägt ein Kränzelein im Haar, mit schönen Reden sie verzieren! – |
Belrem: |
Weißt du sonst nichts, dann gehe heim und meld´dem Grafen, er soll beßres sinnen, wie er den Herrn von Weißenstein zum Ritt nach Tübingen mag bringen! |
Burgvogt: |
der inzwischen eingetreten ist, Nein, Junker Belrem, nicht so schnell, tut euch in Ruhe erst bedenken, ob ihr – anstatt gleich auf der Stell` das Nein zu sagen und zu kränken den Grafen – euch nicht lasst herbei nach Tübingen dennoch zu reiten, es tut euch gut, euch allen beiden, einmal vom ewigen Einerlei des Lebens: Jagen, Würfeln, Saufen und mit den Bauern sich Rumraufen euch zu entheben und zu sehn, wie´s anderwärts mag wohl zugehn. |
Konrad: | Haha! Der Burgvogt spricht nicht schlecht, |
Belrem: | Im Grunde hat er ja wohl recht! |
Burgvogt: |
Und da der Wein, den sie dort schenken, das Faß in eurem Keller nicht macht leer – |
Konrad: |
Und wenn am Ende bei dem Trinken doch noch was zum Raufen wär – |
Burgvogt: |
Und wenn der Junker noch das Beste, ein holdes, tugendsames Weib, hierher heimbrächte von dem Feste – |
Belrem: |
Sei stille, Burgvogt, sonst gibt´s Streit: damit ist es vorbei für immer vorbei seit …. Er stockt und wird unruhig. Nein – Nein - zum Boten es ist gut. Laß geben dir im Leutezimmer wonach es dich gelüsten tut – für sich Das Leben ist ein sinnloses Gejage und ein Gehetze ohne Ziel, wobei das Herz doch nicht, mit keinem Schlage, ein einzigmal zur Ruhe kommen will. |
Konrad: |
Hoho! Nun kriegt er wieder seinen Koller und spielt den erdenmüden Sohn, um nachher dann nur um so toller zu gießen drauf Wein, Spott und Hohn. Packt Belrem bei der Schulter. Auf, Belrem, auf nach Tübingen zum Grafen, sie sollen an uns ihre Freude haben! |
Belrem: |
mild Recht hast du, auf, wir wollen reiten, der Teufel wird uns schon begleiten! Komm! Sie gehen. |
Burgvogt: |
schaut ihnen nach Da geht er. Nirgends wird er Ruhe finden Gehetzt, gejagt von seinen Sünden. Geht ab. |