Das zweite Bild
Ein freier Waldplatz in der Nähe Tübingens.
Volpert erscheint, hat ein Pferd am Zügel, auf dem Suleima sitzt.
Volpert: |
Hier ist ein schöner Platz zum Ruhn und zum Rasten, steig ab, mein Lieb, komm gib mir deine Hand. hebt sie herunter<br> Hast heute lange müssen fasten, es war ein weiter Ritt durch´s Schwabenland. So komm dort hin, da stz dich nieder, zeigt auf eine Steinbank ich bind derweil das Pferd an einen Pfahl. zum Pferd Gelt, du spürst heut auch die Glieder vom steilen Pfad herab in`s Tal. klopft ihm den Hals – zu Suleima Hier hab ich noch ein Stücklein Brot, hat mir heut früh die Bauersfrau geschenkt, dazu ein Schlücklein Wasser – und zwei Lot von unsrer Liebe noch hineingemengt - Er küsst sie. |
Suleima: | Wie lieb du bist! |
Volpert: |
erzählt beim Essen Nun ist das Schwere bald zu Ende. Fern sah ich vorhin schon das hohe Schloß von Tübingen, durch dessen steile Wände ich manchen Pfeil herniederschoß. Als kleiner Knabe kam ich oft hinüber zum Vetter, der so alt wie ich; ich glaub, dem Onkel wär´s gewesen manchmal lieber, er hätte nicht so oft gesehen mich. Der Vater war damals gestorben, die Mutter wusste mit den vielen Kindern nicht wohin – sie hatte schwere Sorgen - da nahm die Tante eines oft zu sich. Wir waren wilde Buben, keine Mauer, kein Baum, kein Turm war uns zu hoch. Die andern warnten manchmal uns voll Schauer, wir lachten nur, und machtens doch! Pause. An einen Tag muß ich noch denken: wir fanden damals in der Burg ein Loch und ohn´ dem Schwesterlein Gehör zu schenken, das jammerte, krochen wir durch und fanden einen Gang, dem wir nachgingen. Wir krochen bäuchlings, wo es nötig war, vor; der Schwester, banges, lautes Rufen mählings und mählings sich verlor. Nur dann und wann ein dumpfes Raunen und Tropfen schaurig von der Wand, ganz langsam auch in unsern Herzen ein Bangen und die Furcht aufstand. Wir krochen rückwärts – doch o weh! Den Rückweg fanden wir nimmermehr. Wir riefen, wir schrien, doch niemand kam, bald uns die Angst den Atem nahm. So ging es lange, lange Zeit, ich hab gerufen, er geweint … Da – Stimmen, Rufen aus der Ferne, ein leiser Lichtschein, dem wir krochen zu und endlich draußen, - droben standen schon die Sterne. Berichten hört der Onkel uns in Ruh, doch dann, ja dann, da nahm er traun - er lacht den Stock und hat uns jämmerlich verhaun. Wir hielten still ob unsrer Tat, doch als der Onkel aufgehört dann hat, fiel uns die Tante um den Hals und küsste uns und brachte all`s, was sonst nur bei besondern Zeiten, die Mütter ihren Kindern zubereiten. Pause. Ob sie noch leben? – Ach, wie ich mich freue, wenn alte Lieb und Freundschaft ich erneue! Ob Ulrich wohl vom Kreuzzug heimgekommen? - Ich sah ihn noch, als Joppe wir genommen, dann sah ich ihn nicht mehr, wo mag er sein? Ach, sicher ist er längst daheim! Freust du dich auch mein Lieb? Wir finden dort Heimat und einen ruh`gen Ort, wo wir uns ausruhn können von den Mühen des Rittes, und das ewige Ziehen von Stadt zu Stadt, von Land zu Land aufhört, wo – gib mir deine Hand - zarter wir Hochzeit feiern, wie es bei uns Brauch. - Du siehst so traurig, freust du dich nicht auch? |
Suleima: |
O Liebster zürne nicht, wenn mir die Freude noch nicht so hell in`s Herze zieht. Ich kenne nicht das Land und nicht die Leute, ich kenne nicht ihr Wesen und Gemüt, ich weiß nicht, ob sie freundlich mich empfangen, das Weib, das du aus fremden Land mitbringst. Mir ist die Brust so voller Bangen, und durch das Blut, nicht durch den Glauben wir verwandt - |
Volpert: | Ach du! |
Suleima: |
Sie werden alle mich verstoßen, verachten, ja, gar halten mich – |
Volpert: | Suleima! |
Suleima: |
ja für eines jener losen Geschöpfe, das verführte dich mit böser Leidenschaft und Liebe - o Liebster, ach, ich fürchte mich vor alle Menschen. Flehentlich. Du, verschiebe doch einige Tage noch das Ziehn hinauf. |
Volpert: |
schüttelt den Kopf Was denkst du? |
Suleima: |
ganz zärtlich Laß uns fliehn` noch einmal in die Einsamkeit, wo keine Menschen weit und breit, wo uns nur grüßt der Vögel Singen am frühen Morgen, wo nur leise klingen des Bächleins Lieder, wo der Sterne Sang die Nächte heiligt, wo der Klang von deiner Stimme nur mein Herz beglückt, von deiner Liebe nur erquickt, mir in gottsel`gen, süßen Minnen die Stunden wonniglich zerrinnen … ängstlich ich habe solche Furcht vor allen seit jener Stunde … |
Volpert: |
Ach mein Lieb, laß endlich doch das alles fallen, vergiß es einmal, komm und gib … will sie küssen |
Suleima: |
Weißt du, was er wird führ´n im Schilde, wenn er zurückgekehrt ist in das Land, wenn immer noch das ungebändig wilde Fieber der Leidenschaft in ihm entbrannt? ahnend Er wird zerstören unser Glück, auf`s neue fürchterlich zerstören. Glaubst du, er schreckt vor uns zurück, glaubst du, wir können es ihm wehren? |
Volpert: |
Kann dir an meiner Seite grau´n? - Doch horch! Man hört Musik und Singen. |
Suleima: | Was ist das? |
Volpert: |
erhebt sich und schaut Das ist Freude, die uns selbst einladet zum Freun. Das sieht gar aus wie Hochzeitsleute! - wir stellen uns hierher nund schaun. Ein Zug mit Burschen und Mädchen kommt, voraus Musikanten, sie singen einziehend Nun will der Lenz uns grüßen, von Mittag weht es lau; aus allen Ecken sprießen die Blumen rot und blau. draus wob die braune Heide sich ein Gewand gar fein und läd´t im Festtagskleide zum Maientanze ein. Waldvöglein Lieder singen, wie ihr sie nur begehrt, drum auf zum frohen Springen, die Reis´ist Goldes wert! Hei, unter grünen Linden, da leuchten weiße Kleid`! Hei ja, nun hat uns Kinden ein End`all Wintersleid. |
Ein Bursche: |
Hoiho, ihr Gspielen hier ist traun ein Platz, wo wir den Hochzeitsreigen, den morgen wir beim Feste zeigen, noch einmal tanzen. Fidel he, zum Musikant Spiel auf! |
1. Musikant: |
Halts`Maul, du junger Dachs … O Je, tut mir mein Hühnerauge weh! Hält seinen Fuß. – Gelächter. |
Mädchen: |
zum 2. Musikanten Dann spielst du, Kasper? |
2. Musikant: |
Hast wohl einen Klaps, zuerst muß ich mich hier ausschnaufen und einen Schluck aus meiner Flasche saufen. |
Alle: | Er tut´s schon – |
2. Musikant: |
nachdem er getrunken So jetzt Jörg spiel! |
1. Musikant: |
Ihr Pack, ja gelt, ihr fragt nit viel, ob andre Leut noch hier am Platze sind: deutet auf den Ritter Fragt einmal erst den Ritter da. Alle sind etwas betreten. |
Volpert: |
O Spielmann, spiel nur auf geschwind, nichts Schön`res als Frau Musika fürs deutsche Herz im deutschen Lande. |
2. Musikant: |
Los denn, doch singt auch schön, ihr Bande! Gelächter, die Musik spielt "Rosestock, Holderblüh", die Paare singen mit und tanzen, beim letzten Vers singt auch der Geiger. Rosestock, Holderblüh, wenn i mein Dirnderl sieh, lacht mir vor lauter Freud ´s Herzel im Leib! Gesichterl wie Milch und Blut, ´s Dirndel ist gar so gut, um und um dockerlnett, wenn i´s no hätt! Armerl so kugelrund, Lippe so frisch und gsund. Füßerl so hurtig gschwind, tanzt wie der Wind. Wenn i ins dunkelblau, funkelhell Augerl schau, mein i, i schau in mei Himmelreich nei. So kann i´s nimmer tragn, i muß ´s dem Pfarrer sagn, so halt i´s nimmer aus, i führ mirs z´Haus. |
Suleima: |
Noch eins, eins noch, das ist so froh, sind hier die Menschen alle so? |
Volpert: |
O ja – noch eins! erneut Musik Widele, wedele, hinterm Städele hält der Bauer Hochzeit. Alle die Tierle, die Medele habe, solle zur Hochzeit komme. Widele .. Pfeift das Mäusele, tanzt das Läusele, schlägt das Igele Trumme, Widele .. Widele .. Hinterm Grenzele tanz mer e Tänzele, laß mer das Geigele singe. Widele .. |
Volpert: |
So war es schön, doch sagt, wo wollt ihr heut hingehn und wo ist morgen die Hochzeit? |
Ein kleiner Bub: |
Na Herr, da seid ihr nit sehr gscheit, daß ihr nit einmal dieses wisst! Das weiß ja selbst mein kleiner Fritz, der morgen erst drei Jahr alt ist. |
1. Musikant: |
droht ihm Sei still du frecher, kleiner Wicht, zu Volpert ja morgen, Herr, ist großes Fest. Von allen Seiten kommen Gäst` nach Tübingen hinauf auf´s Schloß, das edle Fräulein sich entschloß, dem Kunz von Menzenheim die Hand zu geben |
Der kleine Bub: | und morgen ist die Hochzeit eben! – |
Volpert: |
Das Fräulein Adelheid? Wie schön, zu Suleima das wollen wir als gutes Zeichen sehn, mein Lieb, und mit dem Zuge ziehn hinauf. Kommt, Spielleut, spielt noch eins auf! Er gibt ihnen aus seiner Tasche Geld. |
Alle: | O Ja! |
1. Musikant: |
Herr Ritter, ihr zieht uns voran, daß wir auch gleich ein Brautpaar han! Gelächter |
Volpert: |
Ja recht, komm Lieb! Er nimmt sie bei der Hand und holt sein Pferd; sie ziehen ab. Die Burschen und Mädchen singen Viel Freuden mit sich bringet, die schöne Sommerszeit; im grünen Wald jetzt singet wied´rum in Freudigkeit ohn` Unterlaß mit hellem Schall aus ihrem Hälslein zart sehr schön und fein Frau Nachtigall, kein` Müh` noch Fleiß sie spart. |