Das dritte Bild
Im Schloß in Tübingen im Vorhof.
Der Graf erscheint mit den Rittern Konrad und Belrem, dazu ein Page.
Graf: |
Es freut mich sehr, ihr edlen Freund`, daß ihr den Ritt her nicht gescheut und zu dem Fest gekommen seid: Ja, es ist schon gar lange Zeit, daß hier in diesen öden Hallen kein frohes Wort mehr ist gefallen. Er seufzt. Seit mir die schwere Kunde kam, die mir den Sohn für immer nahm, war´s still bei mir und öd und leer, als ob all` Freud gestorben wär. sich fassend Heut aber soll die Jugend kommen wieder zum Recht. |
Konrad: |
Ja, so mag´s frommen, Herr Graf, das ewige Gewimmer macht alleweil die Sach nur schlimmer. |
Belrem: |
Wir werden Euch schon dafür sorgen, daß in den nächsten Tages es zugeht, wie´s einer Hochzeit wohl ansteht. |
Konrad: |
Ja, aber bald, seit heute morgen kein kühles Naß mir durch die Kehle rann - Wie wär´s, wenn wir ein Zechen fingen an? |
Belrem: |
Er ist noch immer der versoffne Bruder, der tränke jeden Tag ein Fuder, das unser Herrgott – |
Konrad: |
Ho ich wette, daß es der Weißensteiner auch so kann, ihr kennt ihn doch als einen durstigen Mann! macht die Gebärde des Trinkens. |
Graf: |
lacht Ja, setzt euch ruhig her, meint ihr, ich hätte den Wein – |
Diener: |
erscheint plötzlich Herr Graf! |
Graf: | Heinrich, was ist? |
Diener: |
Eben ein Zug gekommen ist mit Musikanten, Burschen, Mädchen aus Reutlingen, des Herren Städtchen, sie wollen alle bei der Hochzeit sein. wichtig Jedoch mit ihnen kam, zu zwei´n, ein Ritter und ein Jungfräulein. Ganz eigen es ist angetan, sie kommen wohl aus fernem Land, einander sehr gewogen, wie mir scheint. Gelächter bei den Rittern. Zum Graf Er frägt nach euch, doch sein Begehr sagt er mir nun und nimmermehr. |
Graf: |
zum Pagen Ich komme; bring du den Rittern zuerst einen Krug voll von dem Mittlern. zu den Rittern Ihr Herren, es währet bestimmt nur kurze Zeit, dann bin ich wieder da und tu Bescheid. geht ab. |
Konrad: |
Geh nur, Graf, saufen können wir allein, nötig sind nur beim Lieben zwein! schallendes Gelächter. |
Belrem: |
Wer alles wohl zum Feste kommt? Ob auch der Enzberg wird erscheinen? Vor dessen Mauern noch getrommt der grimme Wolf vor Monden zweien? |
Konrad: |
Solch ein paar Waffenbrüder, das wär recht, die trinken und schlagen alle nicht schlecht. Der Page erscheint mit einem Kruge und Becher und schenkt ein. |
Belrem: |
Wer wohl der Ritter ist, der eben sich angemeldet hat? |
Konrad: |
Prost, er soll leben, wenn er ein rechter Kerl und saufen kann! So ganz almählich fängt die Sache an, mich zu lustieren. Der Knappe bringt die Laute, Konrad schlägt einen Akkord an. Auf Belrem stimm ein, das Singen gehört auch zum Wein! |
Sie singen |
Ein Heller und ein Batzen, die war´n all beide mein. Der Heller ward zu Wasser, der Batzen ward zu Wein. Die Wirtsleut und die Mädel die riefen beid: „O weh!“ Die Wirtsleut, wenn ich komme, die Mädel, wenn ich geh. War das ´ne große Freude, als mich der Herrgott schuf, ein Kerl wie Samt und Seide, nur Schade, daß er suff. Inzwischen treten der Graf, dieser sichtlich bewegt, und Volpert nebst Suleima herein. |
Graf: |
umarmt Volpert Mein Neffe, endlich heimgekommen, an meines Sohnes statt nehm ich dich an. Und auch ihr, Jungfrau, seid willkommen, die ihr gefolgt dem treuen Mann. Nun wird die Freude noch viel schöner und reicher, als ich mir geträumt, und bei dem Hochzeitsmahl der Becher zur Wiedersehensfreude schäumt. O glücklich ich – |
Belrem: |
hat Volpert erkannt, wird totenbleich Bin ich betrunken? |
Graf: |
daß ich dich hab zurückgefunden, der ich den Sohn verlor im fremden Land. Umarmt Volpert auf´s neue. |
Belrem: |
voll Entsetzen Er ist´s, ich wird von ihm erkannt. |
Konrad: | Bist du besessen? |
Graf: |
Seid ihr müde? Soll ich ein Lager richten euch, daß ihr ausruht die müden Glieder? Doch allererst erlaubt noch gleich, daß ich euch meinen Gästen Er zeigt auf die beiden Ritter, sie gehen ein paar Schritte auf sie zu, da schreit Volpert plötzlich auf. |
Volpert: |
Ha, Belrem! Dieser macht die Gebärde des Fliehens. Halunke, teuflischer Schurke, halt! Hier stehet vor dir Volpert und Suleima und fordern dich vor Gottes G`walt. Ich frage dich, hast du – |
Suleima: |
drängt sich an ihn O Liebster fort, flieh eilends, fort von diesem Ort! |
Volpert: |
schickt sie fort Ich fliehen? |
Suleima: |
schluchzend Das ist unser Tod! |
Volpert: |
wieder zu Belrem Ich frage dich bei dem allmächtigen Gott, hast du das Gift der Frau gegeben? Um zu vernichten dieses Leben und meins – |
Belrem: |
frech Genug der Worte, ich hab es getan! Was rufst du lange noch den Herrgott an? Auf, zieh dein Schwert, stoß mich nieder, wenn Mut du hast, wenn du als Hüter der Liebe und Gerechtigkeit es wagst! |
Volpert: |
zieht sein Schwert Verdammter, willst du auch noch höhnen? Mit keinem Wort der Reue du beklagst, was du getan ? ich kenne kein Versöhnen. Auf – |
Konrad: |
zu Belrem Belrem sei tapfer, auf und zieh - Belrem zieht das Schwert. |
Suleima: |
wirft sich dazwischen Nein, Nein! |
Volpert: |
stößt sie hinweg Hinweg, ich muß – |
Graf: |
mit lauter, gebietenden Stimme Halt, wie? Wollt ihr das Gastrecht mir verletzen, das frohe Fest in Trauer mir versetzen? Steckt in die Scheide euer Schwert! Ich lasse jeden binden, der sich wehrt. Versöhnt euch und wenn ihr´s nicht könnt, in meinem Schlosse ohne Kampf euch trennt. Zu Volpert. Hätt ich ja nur geahnt, Volpert, daß ihr, als ich euch her – |
Volpert: |
Was zwischen mir und dem da steht, weiß ich, und diese da allein und der dort oben, der wird Richter sein. Laßt uns jetzt gehen, durch uns soll euer Fest nicht – |
Suleima: |
drängt Ja, ja – |
Volpert: |
bitter besser wär es gewest, wenn wir – |
Graf: |
ihn bittend<(span> Nein, Volpert, nimmermehr – |
Belrem: |
höhnisch einfallend Herr Graf, wir danken für die Ehr, und daß ihr uns zur Hochzeit habt geladen; doch wenn zusammen zwei geraten, wie der und ich, muß einer gehen, ich will es tun – auf Wiedersehn! Geht ab. |
Konrad: |
Lebt wohl, Herr Graf, wenn ihr nicht wär´t, wär dem da etwas anderes beschert! Euer Wein ist gut, ein andermal! Zu Volpert im Hinausgehen. |
Volpert: |
O diese Qual, den Burschen ziehen lassen ungestraft der soviel Unheil hat gebracht hier diesem Leben. – Lieb - Zum Grafen. Sie zittert umschließt Suleima am ganzen Leib. Zu ihr. Setz dich hier nieder. Du hast das Unheil wohl gewittert, beruhige dich, wir gehen bald wieder. |
Suleima: |
in tiefer Erregung O komm fort, fort, weit fort von hier, er greift nach uns, nach dir und mir, er wird uns töten, ach, er wird – |
Volpert: |
tröstend und beruhigend Mein Kind, wir sind in Gottes Händen, der wird schon Unglück von uns wenden. In seinem Schutz wir auch hierher gekommen sind! Komm, leg dein Köpfchen zu mir her, So - Er hilft ihr zurecht. -Zum Grafen. ich erzähle gleich euch mehr, wie er zerstörte unser Glück sie schläft schon fast – ich will beginnen: Zwei Jahre liegt es nun zurück; ihr wisst, daß es gelang, uns zu gewinnen Jerusalem, die heilige Stadt. Belrem und ich, wir waren damals wie zwei Brüder. Und mir, ich muß es sagen, war er lieber, als alle andern – und wie liebt`er mich - er hing an mir und wachte bängiglich, daß keiner zwischen uns und unsre Freundschaft drang. Die Wildheit und sein rohes Wesen wich - durch meine Liebe es sogar gelang, daß es das Trinken ließ – ich ihn damit vor manchem bößen Streich bewahrte. Alles war gut, nach jedem Ritt, nach jeder Schlacht, sich inniger paarte die Liebe und die Freundschaft von uns beiden. Keiner wollt ohne den anderen streiten. Wir mussten uns nach mancher Schlacht voll Freude inniglich umarmen, weil einer dem anderen Luft gemacht, als er schon lag in Todesarmen. Und jetzt! - Er stockt. |
Graf: |
Was war es, was ihn hat betört, in solchem Haß die Freundschaft umgekehrt? |
Volpert: |
Es war die Liebe hier zu diesem Wesen, deutet auf Suleima das ruhig nun im Schlummer liegt, die Liebe, die zum Hasse ward – ist es gewesen. Pause. Wir haben beide sie geliebt, Seit jener Stunde, als beim Mahle sie uns den Becher hat kredenzt - es war im hohen Männersaale mit Rosen war ihr Haupt bekränzt. - Die Leidenschaft uns alle beide wie wildes Feuer hat gepackt; wie hinter einem edlen Tier die Meute klaffend und winselnd und tobend jagt, so wir! – Und unsre Freundschaft war seit jener Stunde eisig und kalt, wie ausgewischt, und jedes Wort aus unserm Munde, das war von Argwohn untermischt und, als er sah, daß ihre Liebe mir galt, da war es aus! Immer mehr steigernd. Es wachten auf in ihm die wildsten Triebe - des Nachts drang er in das verschlossne Haus des Mädchens und entführte sie! Ich wütete damals wie nie. Nach allen Seiten sandt ich Boten, Kunden, es war umsonst, sie blieb verschwunden, und er dazu. Ich war dem Wahnsinn nah, Essen und Trinken ich nicht sah, und der Gedanke, daß die reine Seele, die ich geliebt, er nun mit seiner Liebe quäle, das würgte mir die Kehle zu, fand nicht bei Tag, bei Nacht noch Ruh`. - Da, eines Nachts, ich lag auf meinem Lager, bleich, hager, fiebrig und mager, da wacht ich auf – ich weiß nicht wie - vor meinem Bette – da stand sie! Das Auge voller Angst und Graus streckte sie nach mir die Hände aus. Die Tränen stürzten ihr: „Hab ich dich wieder!“, so seufzte sie, dann sank sie nieder, Was sie erzählte, ich mag´s nicht erzählen, ich müsste mich von neuem quälen. Ich wollt ihm nach, wollte ihn suchen und wäre es bis ans Ende der Welt. - Noch heute möchte ich mich verfluchen, daß damals ihn nicht hat mein Schwert gefällt^. - Doch Sie, Sie bat mich unter Tränen, es nicht zu tun, nicht fortzugehen von ihr; ich sollte bei ihr bleiben und unßre Heimfahrt bald betreiben. Daß tat ich denn, noch ein`ge Wochen zu bleiben wir in Jerusalem, in stillem Glück, das nur ihr der Gedanke wollte trüben, daß jener möchte kehr´n zurück. Er blieb verschwunden – nur als wir kurz vor der Abfahrt unser Haus verließen, wo wir geweilt – stand vor der Tür die Frau des Hauses und auf schwachen Füßen stürzte sie vor mir nieder und gestand: vor Wochen sei ein fremder Ritter dagewesen, der habe ihr dies Fläschchen hier gegeben, Er zeigt ein Fläschchen. womit sie uns vergiften sollt. - Und sie versprach´s ihm in die Hand, bestochen schnell von ihm durch blankes Gold; sie aber fand doch nicht den Mut dazu; denn ihr Gewissen lies ihr keine Ruh. Sie sagte alles – |
Graf: |
Und mit solchem Schurken stand ich im Bund! |
Volpert: | Still, sie erwacht! |
Suleima: |
regt sich, schaut auf Wo bin ich? Ist er fort, verschwunden? Liebster, hast du für mich gewacht? |
Volpert: |
Du siehst, ganz heil sind wir und er geflohen beruhigend weit fort und du ganz sicher hier, geschützt von Mauern, breiten, hohen und ich bin da und bleibe auch bei dir! Was ist? |
Suleima: |
voll Angst Ich zittre noch am ganzen Leibe mir ist so wehe. |
Graf: |
Habt nur gute Ruh! hier soll euch nichts geschehen zu leide. Bleibt ruhig liegen hier und wartet zu, bis ihr erholt euch habt. |
Volpert: |
gezwungen heiter Dann gehen wir noch ein wenig auf dem Berg umher. Du musst doch einmal alles sehen, wo in der Jugend – lange ist es her - gespielt wir und getollt wie wilde Göhren. Eine Schar Mädchen erscheint. |
Ein Mädchen: |
macht einen Knix Verzeiht, Herr Ritter, daß wir stören, verzeiht, ihr edles Jungfräulein, daß wir so keck vorwitzig sein. Doch haben wir die Mär vernommen von eurer Fahrt aus fernem Land und nun sind wir hierhergekommen und unsre Lies dies Kränzlein wand. Sie deutet auf diese. |
Lies: |
etwas verschämt Viel Lieb ist mit hineingebunden: ihr mögt in unsrer Heimat bald gesunden von allem Leid und allem Schweren, Gott möge euch viel Glück bescheren. |
Sie überreicht Suleima das Kränzlein, die Mädchen singen All mein Gedanken, die ich hab, die sind bei dir. Du auserwählter einz´ger Trost, bleib stät bei mir! Du, du, du sollst an mich gedenken; hätt` ich aller Wunsch Gewalt, von dir wollt ich nicht wenken. Du ausgewählter, einz´ger Trost gedenk´ daran, mein Leib und Seel´ das sollst du gar zu eigen han. Dein, dein, dein will ich ewig bleiben: du gibst mir Freud und hohen Mut, kannst all mein Leid vertreiben. |
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Suleima: |
küsst das Mädchen Du liebes Kind, hab tausend Dank, mein ganzes Leid mit einmal sank. Die Liebe doch am schönsten heilt Wunden, vom Schicksal ausgeteilt. Habt tausend Dank ihr Mägdlein für das Lied - zu Volpert sorg Liebster, daß auch ihnen Gutes g`schieht, daß sie bewirtet – |
Volpert: |
Dafür brauchst du nicht zu sorgen, das wird der Hausherr schon besorgen |
Graf: |
zu den Mädchen Ja, Mägdelein, das habt ihr gut gemacht und morgen früh, wenn hell die Sonn erwacht, dann kommt und singt die Gäste aus dem Schlaf, und heute Nacht haltet euch brav, ihr wisst: „Wenn böse Buben locken, so folget ihnen nicht…“ Die Mädchen kichern und auch die Glocken vom Abendläuten mir nicht überhören und nun lasst in der Küche euch was gutes b`scheren. Gute Nacht! |
Die Mädchen: |
knixen Gut Nacht, Herr Graf, gut Nacht; gut Nacht, Herr Junker, Fräulein, gute Nacht! Sie gehen. |
Volpert: |
Gut Nacht! Der Heimat süßer Klang voll Seligkeit in meine Seele drang. O, Heimat, du gibst mir zurück die Freude und mein schönstes Glück. Zieht Suleima zu sich. Du wirst in ihr ganz glücklich werden, glaubst du nicht auch? |
Suleima: | Ja - |
Volpert: |
Schönres gibt´s auf Erden doch nimmermehr, als in die Heimat heimgekehrt, nach der das Herze sich verzehrt. Zum Grafen. Doch jetzt verzeiht, schon viel zu lange han wir die Zeit, die kostbar ist genommen euch. |
Graf: |
Ach seid nicht bange, das Fest auf´s Letzte schon gerichtet ist. Vor einer Stund ist Adelheid geritten dem Bräutigam entgegen – wird wohl bald zurück sein – dann wenn´s euch gefallt, so kommt zuerst - |
Volpert: |
Darf ich dich bitten, bevor des Festes freudenreicher Strom uns überflutet, wollen wir ein wenig hinaus – und unter Gottes hohem Dom das Glück der Stunde voll und selig genießen still für uns. |
Graf: |
Ja, ihr habt recht, neckisch doch kommt auch wieder und vergesst mir nicht in eures Glückes Schein, daß wir auch wollen uns mitfreun. |
Volpert: |
Nein, nein – auf Wiedersehen. Geben einander die Hand. Volbert und Suleima gehen ab. |
Graf: |
Auf Wiedersehen! Schaut ihnen nach. O Alter, was ist dir ein Glück geschehen! |